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Spaceborne Computer «Wir sind dem Mars ein Stück nähergekommen»

Spaceborne hat seinen einjährigen Test an Bord der ISS überstanden. Das eröffnet neue Möglichkeiten für die Raumfahrt.

Seit Jahren planen Raumfahrtagenturen auf den Mars zu reisen. Doch einige Hindernisse stehen dem noch im Weg.

Eins scheint nun überwunden zu sein: Hewlett Packard Enterprise (HPE) hat bekanntgegeben, ein Jahr lang erfolgreich einen Supercomputer an Bord der Internationalen Raumstation ISS getestet zu haben. Ein Jahr ist ungefähr die Zeit, die eine Reise zum Mars dauern würde.

Der auf der Internationalen Raumstation ISS eingebaute Spaceborne Supercomputer
Legende: Spaceborne ist ein Supercomputer, der auch für Kunden auf der Erde zu kaufen ist. Hewlett Packard Enterprise

«Wir wollten beweisen, dass man mit einem kommerziellen Computer erfolgreich im Weltraum rechnen kann. Mission accomplished – das haben wir getan», freut sich Mark Fernandez, der für HPE die Software des sogenannten Spaceborne-Computers entwickelt hat.

Ungewöhnlich: Bei Spaceborne handelt es sich um einen Computer, den HPE auch für Kunden auf der Erde im Angebot hat.

Widrigkeiten des Weltraums

Im Gegensatz zu den Computern, die sonst in der Raumfahrt zum Einsatz kommen, setzt HPE nicht auf spezielle Hardware, die den extremen Bedingungen im Weltraum angepasst ist.

Stattdessen kommt ein Verfahren zum Einsatz, der als «Software Hardening» bezeichnet wird – Software, die selbständig auf unvorhergesehene Ereignisse wie Temperaturschwankungen oder hohe Strahlenbelastung reagieren kann.

Techniker können nicht helfen

«Im Weltraum herrschen nicht dieselben Bedingungen wie in einem Datencenter auf der Erde», erklärt Mark Fernandez. «Es gibt keine Techniker, die bei Problemen helfen können». Dazu kommen Schwierigkeiten, die es auf der Erde nicht gibt: die Schwerelosigkeit oder die unberechenbare Strahlenbelastung etwa.

Das Ziel war, ein System zu bauen, das auf diese Herausforderungen ohne Hilfe von aussen reagieren kann. «Und das haben wir dank ‘Software Hardening’ erreicht», sagt Fernandez.

Ein Bild der Internationale Raumstation ISS auf dem im Hintergrund die Erde zu sehen ist.
Legende: Die Internationale Raumstation ISS kreist seit 1998 im einem Abstand von 370bis 460 Kilometer um die Erde. Wikimedia

Merkt die Software des Spaceborne-Computers, dass eine Komponente des Systems nicht mehr richtig funktioniert, wechselt sie in den Sicherheitsmodus. Darin verweilt sie, bis sich die Bedingungen normalisiert haben.

Erst dann wird das System neu gestartet und einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen. So schafft es der Spaceborne-Computer, auch ohne spezielle Hardwareanpassungen in der harschen Umgebung des Weltraums zuverlässig zu funktionieren.

Neue Erkenntnisse auch für den Einsatz auf der Erde

Bedeutet der erfolgreiche Test des Spaceborne-Computers, dass einer Reise zum Mars nun computertechnisch nichts mehr im Weg steht? Das will Mark Fernandez nicht behaupten. Dennoch sei der nun zu Ende gegangene Test ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin: «Wir haben gezeigt, dass die Hardware funktioniert. Damit sind wir dem Mars ein Stück nähergekommen.»

Als nächstes gelte es nun, den Computer auch ausserhalb der erdnahen Umlaufbahn zu testen, in der sich die ISS befindet. Denn dort herrschen noch einmal andere, widrigere Bedingungen.

Keine Wartezeit

Nach dem Abschluss des Tests steht der Spaceborne-Computer nun erstmals auch den Astronauten der ISS zur Verfügung. Es ist das erste Mal, dass sie von der Rechenkraft eines Supercomputers direkt an Bord profitieren können.

Bei komplexen Rechenaufgaben mussten die Daten bisher zur Erde gefunkt und dort berechnet werden, bevor das Resultat wieder zur ISS zurückgefunkt wurde. In Erdnähe geschieht das fast in Echtzeit.

Bei einer Mission zum Mars – der von der Erde gut 55 Millionen Kilometer entfernt ist – hätten die Astronauten aber mindestens 20 Minuten auf die Ergebnisse warten müssen.

Astronauten an Bord der ISS sitzen vor einer Reihe von an die Wand montierten Laptops.
Legende: Nach dem erfolgreichen Test von Spaceborne steht den Astronauten der ISS nun zum ersten Mal die Rechenkraft eines Supercomputers direkt an Bord zur Verfügung. Wikimedia

Auch auf der Erde wird man vielleicht bald von den Erfahrungen des Spaceborne-Projekts profitieren können. «Wir haben dank Spaceborne sieben neue Technologien entwickelt, die wir vielleicht zum Patent anmelden», verrät Mark Fernandez.

Am interessantesten seien dabei Anwendungen für die vernetzten Geräte des sogenannten Internet of Things. Beim Einsatz im Weltraum kann sich ein Computer nie auf die gleich stabile Netzabdeckung wie auf der Erde verlassen. Gut möglich, dass die Erkenntnisse zur Lösung dieses Problems bald auch die Kommunikation auf der Erde verbessern werden.

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