Warum sieht das Universum in alle Himmelsrichtungen sehr ähnlich aus? Viele Astrophysiker glauben, dass es ganz zu Beginn, in den allerersten Sekundenbruchteilen des Urknalls, eine Inflation durchgemacht hat – eine irrsinnige und unglaublich schnelle Ausdehnung jenseits menschlicher Vorstellungskraft, die dem Universum seine einheitliche Gestalt gab.
Eine verlockende Theorie – mit einem Haken: Es gibt dazu kaum Daten, weil uns kaum Strahlungssignale aus jener Zeit vor gut 13,8 Milliarden Jahren erreichen. Doch nun ist es einem Forscherteam gelungen, solche Signale einzufangen; mit BICEP2 , einem Teleskop, das in der Nähe des Südpols steht.
Fahndung in kosmischer Strahlung
Konkret haben die Forscher die kosmische Hintergrundstrahlung angeschaut. Das ist eine Art Schnappschuss des Urknalls; die älteste Strahlung, die wir aus dem Weltall empfangen. Durch ihre Analyse kann man sehr weit in der Zeit zurückschauen. Mit ihrem Teleskop haben die Forscher in dieser Strahlung nach einem ganz konkreten Muster gesucht – und wurden tatsächlich fündig. Das ist eine kleine Sensation, denn dieses Muster ist sehr schwach und schwer zu sehen.
Sensationell an dem Muster ist zudem, dass es dafür nur eine wirklich stichhaltige Erklärung gibt: Gravitationswellen . Diese Wellen haben der Theorie zufolge am Beginn des Universums den Raum gestreckt und gedehnt – und der kosmischen Hintergrundstrahlung jenes spezielle Muster aufgeprägt, das die Forscher mit ihrem Teleskop am Südpol suchten und fanden.
Und woher stammen wiederum die Gravitationswellen? Eben aus der Inflation, der Phase der gewaltigen und rasanten Aufblähung.
«Eine der wichtigsten Entdeckungen»
Mit dem Nachweis ist der BICEP2-Arbeitsgruppe also ein echter Durchbruch geglückt, wenn man ihren Argumenten glaubt. Und viele Kollegen überzeugen die Argumente. «Es ist eine der wichtigsten Entdeckungen in der Geschichte der Naturwissenschaft», sagt der Astrophysiker Max Tegmark vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Gleiches findet auch der Physik-Nobelpreisträger Frank Wilczek. Und Avi Loeb von der Universität Harvard sagt schlicht: «Das hat einen Nobelpreis verdient».
Warten und Hoffen – auf die Bestätigung
Auch die Konkurrenz ist begeistert: «Das Resultat ist ein fantastischer Triumph für die Inflationstheorie» sagt Torsten Ensslin vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching. Und setzt hinzu: «Aber nur, wenn wir es bestätigen können».
Der Forscher sucht mit dem Weltraumteleskop Planck ebenfalls nach dem charakteristischen Muster in der Hintergrundstrahlung. Sein Team ist das erste, das das sensationelle Resultat bestätigen (oder widerlegen) kann. Alle Augen sind nun also auf Garching gerichtet.
Spätestens im Herbst sollten die entsprechenden Resultate vorliegen – und bis dahin bleiben manche Fachleute lieber noch zurückhaltend: «Das Ergebnis ist verlockend, aber nicht definitiv», sagt der Physiker Lawrence Krauss von der Arizona State University. Und Liam McAllister von der Cornell University schreibt in einem Blog-Beitrag : «Es ist zu schön, um wahr zu sein.»
Selbst Andrei Linde, einer der Pioniere der Inflationstheorie, kann noch nicht so recht an den Erfolg glauben. «Ich hoffe, es ist nicht alles nur ein Trick», sagt er in einem Video, das ihn in dem Moment zeigt, als er vom Resultat erfährt (siehe unten). Mit seiner Frau hat er dann aber trotzdem schon einmal ein Glas Prosecco getrunken.