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Neue Co-Leitung ab 2025/26 Pınar Karabulut und Rafael Sanchez leiten Zürcher Schauspielhaus

Die Regisseurin Pınar Karabulut und der Regisseur Rafael Sanchez folgen ab der Spielzeit 2025/26 als Co-Leitung auf die Noch-Intendanten Nicolas Stemann und Benjamin von Blomberg. Ein mutiger und überraschender Entscheid, der in die Zukunft weist.

«Mit der Wahl von Pınar Karabulut und Rafael Sanchez übernehme eine neue Generation von Theatermachern und Theatermacherinnen die Leitung eines der renommiertesten Theater im deutschsprachigen Raum.» Das schrieb gestern Abend der Verwaltungsrat des Schauspielhauses Zürich. Und das ist in der Tat so.

Wer sind die beiden neuen Gesichter?

Pınar Karabulut, Jahrgang 1987 und damit vermutlich die jüngste Intendantin in Spe im deutschsprachigen Theater – sie hat sich einen Namen gemacht für Produktionen, in denen sie Klassiker so verspielt wie feministisch gegen den Strich liest. In der Schweiz zum Beispiel am Theater Basel, wo sie 2022 eine Adaption des Spielers von Dostojeweki auf die Bühne brachte.

Portrait einer Frau in blauem Pulli
Legende: Pınar Karabulut studierte Theaterwissenschaft, Kunstgeschichte und Neuere Deutsche Literatur. Schauspielhaus Zürich/Markus Bachmann

Raphael Sanchez, 1975 in Basel geboren, ist derzeit Hausregisseur am Schauspiel Köln, wo er nächste Spielzeit für ein Jahr die Intendanz übernehmen wird. In Zürich hat er von 2008 bis 2013 zusammen mit Barbara Weber das Theater Neumarkt geleitet. Er kennt also Zürich und die Schweiz gut und hat Erfahrung in der Co-Leitung eines Betriebs.

Portrait eines Mannes mit Brille
Legende: Raphael Sanchez war von 2003 bis 2006 Hausregisseur am Theater Basel. Schauspielhaus Zürich/Markus Bachmann

Was wird anders?

Was beide verbindet, ist, dass sie Schauspielerinnentheater machen. Ihre Arbeiten sind zugänglich und in der Gegenwart verankern. Es ist anzunehmen, dass das Ensemble unter ihrer Co-Leitung wieder eine starke Position bekommt. Wieder zum Herz des Theaters wird, was in den letzten Jahren etwas unter die Räder kam.

Eine neue Leitung braucht das Zürcher Schauspielhaus, weil der Verwaltungsrat sich Anfang des Jahres entschied, den Vertrag von Nicolas Stemann und Benjamin von Blomberg nicht über 2024 zu verlängern. Die beiden haben einen beachtlichen Aufbruch gewagt, das Programm ästhetisch geöffnet, sind allerdings in einer giftigen Wokeness-Debatte zum politischen Spielball geworden.

Für eine Zwischenspielzeit konnte der renommierte Intendant Ulrich Khuon gewonnen werden. Schon diese Mitteilung war im Mai eine Überraschung, hatte sich Khuon doch gerade nach 14 Jahren als Intendant am Deutschen Theater in Berlin in den Ruhestand verabschiedet.

Auf der Suche nach einem Theater der Zukunft

Und nun also – auch das eine Überraschung – werden ihm ab 2025 Pınar Karabulut und Rafael Sanchez folgen. Wieder eine Co-Leitung also. Und neu gleich zwei Regiepersönlichkeiten, die für die Suche nach einem Stadttheater der Zukunft stehen. Noch weiss man nichts von dem, was sie programmlich vorhaben. Die Ahnung, dass viele künstlerische Positionen divers, weiblich und jung besetzt sein werden, ist vermutlich allerdings nicht aus der Luft gegriffen.

Der Verwaltungsrat hat Mut gezeigt und sich nicht für eine vermeintlich sichere, konventionelle, brave Lösung entschieden. Er übergibt einer neuen Generation die Verantwortung für das Schauspielhaus. Einer Generation, für die Diversität und Inklusion selbstverständlich ist, und die den Weg der Öffnung weitertreiben wird.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 7.12.2023, 07:06 Uhr

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