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Theaterfestivals: Wie international sind sie dieses Jahr?
Aus Kontext vom 11.08.2020. Bild: Anne-Laure Lechat
abspielen. Laufzeit 51 Minuten 41 Sekunden.
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Theaterfestivals und Corona Sich vom Virus nicht ausbremsen lassen

Schweizer Theaterfestivals haben Wege gefunden, trotz Reisebeschränkungen ein internationals Programm anzubieten.

Die erstaunliche, aber gute Nachricht zuerst: Das Zürcher Theater Spektakel und das Theaterfestival Basel finden statt. Das ist alles andere als selbstverständlich in Zeiten von Reisebeschränkungen, Versammlungsverboten und Sicherheitsabständen.

Beide Festivals haben Wege gefunden, wie sie mit der aktuellen Situation umgehen können. Auch können sie ihren Anspruch erfüllen, das internationale Tanz- und Theaterschaffen zu präsentieren.

Theaterfestivals in Basel und Zürich

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  • Das Zürcher Theater Spektakel findet vom 13. bis zum 30. 8. statt. Die unterschiedlichen internationalen Produktionen werden auf der Landiwiese und an Spielorten in der ganzen Stadt gezeigt.
  • Das Theaterfestival Basel findet vom 26.8. bis zum 6.9. An verschiedenen Orten werden insgesamt 15 internationale Produktionen aufgeführt.

Neue Formen erfinden

Der künstlerische Leiter des Zürcher Theater Spektakels, Matthias von Hartz, spricht von einem «Transmissionsriemen»: Das Konzept des Festivals sei, dass internationale und lokale Künstlern zusammenarbeiten.

Das hat es möglich gemacht, dass Dorine Mokha aus Lubumbashi im südlichen Kongo im Programm präsent ist, ohne dass der Künstler anreist.

Mann mit dunkler Hautfarbe und Dreadlocks steht auf der Bühne in der Mitte in tanzender Pose, hinter ihm ein kleines Streichorchester.
Legende: Dorine Mokha wird in Zürich präsent sein, obwohl er nicht anreisen kann. zvg

«Ich war traurig und frustriert, als ich erfuhr, dass ich das Projekt nicht persönlich präsentieren kann», sagt Mokha. Der Choreograph und Tänzer wollte mit kongolesischen Musikern nach Zürich kommen. Im Gespräch mit dem Team in Zürich fand sich eine Lösung: Das Projekt wurde weiterentwickelt und an die neuen Bedingungen angepasst.

Kreative Notlösungen

Mokhas Stück «Herkules von Lubumbashi» wird nun als multimediale Installation in Zürich zu sehen sein. Dazu gehören Audio- und Videomaterial sowie Live-Auftritte des Schweizer Musikers Elia Rediger. Mit ihm arbeitet Dorine Mokha schon seit Jahren zusammen.

«Das Vertrauen zwischen Elia und mir hat es möglich gemacht, in einem interkontinentalen Kontakt zu bleiben und intensiv weiterzuarbeiten», erzählt Dorine Mokha. Und fügt lachend hinzu: «Obwohl das Internet im Kongo schrecklich ist.»

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Jetzt ist Solidarität gefragt
aus Kontext vom 11.08.2020. Bild: Udo Siegfriedt
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Dass die Privilegien global ungleich verteilt sind, hat Corona noch verstärkt. In Ländern wie dem Kongo oder Brasilien ist die aktuelle Epidemie eine für viele lebensgefährliche Krise, die zusätzlich zu Armut, Gewalt und Korruption dazukommt.

Jetzt ist Solidarität gefragt

Das internationale Touren ist auch für die brasilianische Choreographin Lia Rodrigues und ihr Compagnie existenziell. Sie arbeitet seit Jahren in einem Kulturzentrum in Maré, einer der grössten Favelas in Rio de Janero.

Menschen, halbnackt auf der Bühne in einer Menschenpyramide formiert.
Legende: Das Stück «Furia» von Lia Rodrigues hätte dieses Jahr am Theaterfestival Basel aufgeführt werden sollen. zvg/Sami Landweer

Rodrigues' Tournee wurde im März abgebrochen. Ihre Compagnie ist nach Brasilien zurückgeflogen, sie selbst in Amsterdam bei ihrem Partner geblieben. «In unserem Proberaum sind im Moment Essen, Wasser, Seifen und andere Produkte gelagert, um die Bevölkerung des Quartiers mit dem Nötigsten zu beliefern», erzählt Rodrigues.

Abhängigkeiten in der Kunstwelt

Die renommierte Choreographin macht sich Sorgen um die internationale Zusammenarbeit.

Im Moment kann sie ihre Compagnie noch bezahlen, auch wenn sie keine Auftritte hat: «Viele unserer europäischen Partner zeigen sich solidarisch und bezahlen unsere Gagen, obwohl unsere Tournee abgesagt wurde.»

Dass viele Künstlerinnen des Südens vom europäischen Markt abhängig sind, habe mit historischen und strukturellen Ungleichheiten zu tun, sagt Lia Rodrigues: Macht und Geld seien ungerecht verteilt. Für sie ist klar: «Jetzt geht es darum, Haltung zu zeigen.»

Rodrigues selbst wird am 26. August die Eröffnungsrede am Theaterfestival Basel halten, auch wenn ihre Compagnie im Moment nicht reisen kann.

Sendung: SRF 2 Kultur, Kontext, 12.08.2020, 09:02

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