Benedict Wells: «Vom Ende der Einsamkeit»
«Vom Ende der Einsamkeit» ist ein melancholisches Buch, das glücklich macht. Der junge Autor erzählt in einer schönen, schlichten Sprache und mit viel Gefühl und Lebensklugheit, wie der zehnjährige Jules mit dem frühen Verlust der Eltern fertig wird.
Später lernt man ihn als Erwachsenen kennen, der immer wieder Angst hat, zu verlieren, was ihm lieb ist. Als Leserin nehme ich teil am Schicksal der Hauptfigur und will unbedingt wissen, was aus ihm wird.
Ein zauberhafter, psychologisch raffinierter Entwicklungsroman über die Kraft der Familie und über die Verantwortung, die jeder allein für sein Leben trägt. Und nicht zuletzt ist es ein Buch über eine grosse Liebe. (Susanne Sturzenegger)
Lebensläufe: Der Literaturclub im April
Von einem einsamen Träumer: Grosswerden ohne Eltern
«Vom Ende der Einsamkeit» von Benedict Wells in «Kultur kompakt»
Ernst Burren: «Dr Chlaueputzer trinkt nume Orangschina»
Tatsächlich: Der Klauenputzer, der gerade bei Fridu und Bethli im Stall arbeitet, mag kein Mineralwasser. Sohn Pöili, der lieber Lehrer geworden ist als Bauer, bringt drum Orangina auf dem elterlichen Hof vorbei.
Es ist derselbe Hof, auf dem kürzlich eine junge Frau im Brunnen herumgetobt hat: «Mi Vatter het mi missbruucht».
Ernst Burren pflegt die radikale Innensicht auf die Welt: Sechs Personen einer Nachbarschaft erzählen in inneren Monologen aus ihrem Leben. Unzensiert, sprunghaft, grundehrlich.
Das Banale steht gleichberechtigt neben der Tragödie. Erschreckend wahr, zugleich lachhaft. Und immer wieder das Gefühl beim Lesen: So ist es, genau so! (Markus Gasser)
Mundart-Monolog über ne vergangeni Buurewält
Ernst Burrers erster Roman in «Kultur kompakt»
Peter Stamm: «Weit über das Land»
Für mich ist dieser Roman das beste Schweizer Buch in diesem Jahr. Was ihn auszeichnet, ist seine Lesart der Möglichkeitsformen.
So bieder und gemächlich die Geschichte auf den ersten Blick anmuten mag – Stamm bewegt sich literarisch auf gewagtem Terrain: Er lässt Entwicklungen offen, beschreibt vage und diskret den Lebensweg seiner beiden Protagonisten – und schafft so Imaginationsräume, die es zu füllen gilt.
Inwieweit der Leser es schafft, die Leerstellen mit Eigenem zu schliessen, bleibt jedem selbst überlassen und ist gewiss Stoff für Diskussionen. Die Lektüre lohnt sich allemal. (Nicola Steiner)
«Es fällt mir leicht, mich in eine Frau hineinzuversetzen»
Fluchtwege: Der Literaturclub im März
«Weit über das Land» von Peter Stamm in «Kontext»
Elena Ferrante: «Meine geniale Freundin»
«Meine geniale Freundin», der erste Teil der «Neapolitanischen Saga», überzeugt. Lena und Lila heissen die beiden jungen Protagonistinnen. Sie wachsen im Neapel der 1950er-Jahre auf und werden Freundinnen fürs Leben.
Gewalt und Armut gehören zu ihrem Alltag, dort im Osten der Stadt, im Viertel Rione Luzzati, das es auch in Wirklichkeit gibt. Das spürt man beim Lesen: Elena Ferrante schreibt nahe an der Realität: Man sieht, schmeckt, riecht, was sie schreibt.
Das hat eine Kraft, die «Meine geniale Freundin» zu etwas Besonderem macht. Unabhängig davon, wer nun hinter dem Pseudonym «Elena Ferrante» steckt. (Annette König)
«Meine geniale Freundin»: Der Literaturclub im August
«Meine geniale Freundin» in «52 beste Bücher»
«Meine geniale Freundin»: Mafia herrscht, Freundschaft siegt
Cynthia D’Aprix Sweeney: «Das Nest»
Das ist ein «Kaminfeuerbuch»: eine lange Geschichte mit einem winterlichen New York als Schauplatz. Bei knisterndem Feuer bin ich eingetaucht in das Leben von vier Geschwistern, die nicht unterschiedlicher sein könnten.
Längst erwachsen, haben sie keinen Kontakt mehr zueinander – und müssen sich doch wieder zusammenraufen.
Die perfekte Mischung, wenn’s draussen kalt ist: Unterhaltung, die das Herz wärmt – und Denkanstösse für das eigene Leben. (Britta Spichiger)
«Das Nest»: Wenn Geschwister nichts mehr gemeinsam haben
Welches Buch fanden Sie 2016 am besten? Schreiben Sie ins Kommentarfeld, welches Stück Literatur Ihnen in Erinnerung bleiben wird.