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Gefragter Modellbauer Simon Weisse baut Hollywoods berühmteste Filmwelten – in Miniatur

Im Zeitalter der digitalen Spezialeffekte sind Simon Weisses handgemachte Modelle in Hollywood extrem gefragt. Am NIFFF sprach er über die Kunst des Kleinen.

In einem Berliner Hinterhof-Atelier stellen Simon Weisse und sein Team die Wunderwelten der Filmindustrie in Miniaturform her. Sei es eine fiktive französische Stadt im 20. Jahrhundert für «The French Dispatch» oder ein Eisenbahnzug mit Raketen im Stil der 50er-Jahre für «Asteroid City».

Grosse Miniaturmodell eines rosa Gebäudes mit zwei unscharfen Personen im Vordergrund.
Legende: Das bekannteste Werk des Modellbauers ist wohl das «Grand Budapest Hotel» – Simon Weisses erste Zusammenarbeit mit Wes Anderson. Seither ist die Handwerkskunst des Berliners auch in Hollywood gefragt. SRF

Doch warum lässt man heute noch analog 3D-Modelle bauen, wenn inzwischen fast alles digital erzeugt werden kann? «Es gibt eine Renaissance von Miniaturbauten für visuelle Effekte», sagt Simon Weisse: «Leute, die mit computergenerierten Effekten arbeiten, sagen, dass es oft zu perfekt aussieht. Wir bringen mit unseren Miniaturen einen gewissen Stil rein.»

Renaissance der Miniatur-Modelle

Letztlich sei es Geschmackssache der Regie. In den neuen Star Wars-Produktionen oder im Film «Dune» werde neuerdings wieder viel Modellbau benutzt. «Es kreiert eine gewisse Stimmung, die in Verbindung mit digitalen Effekten gut zusammenarbeitet», so Weisse.

Bis Anfang der 90er-Jahre war der Einsatz von Modellen in Filmproduktionen gang und gäbe, da die Technologie der computergenerierten 3D-Grafiken (CGI) noch nicht ausgereift und erschwinglich genug war.

Model eines Sternenkreuzers auf einer Ausstellung.
Legende: Gehören zu den berühmtesten Modellen der Filmwelt: Die ikonischen Raumschiffe aus den ersten Star Wars-Filmen Ende der 70er-Jahre. Imago/ Funke Foto Services

Heute sei eine Kombination aus analogen und digitalen Effekte-Methoden bei Filmproduktionen oft wünschenswert. Doch Handgemachtes hat seinen Preis. «Wir kosten halt viel Geld», sagt Simon Weisse: «Unsere Arbeiten dauern mehrere Wochen oder Monate. Oft erhalte ich Anfragen und muss die Leute erstmal über die Kostenfaktoren von Modellen und deren Logistik aufklären. Meistens endet es dann voll im digitalen, weil es billiger ist.»

Karriere durch «Learning by Doing»

Wer es sich leisten kann, heuert Simon Weisse und sein Team an. Längst arbeitet der Berliner nicht nur für Wes Anderson, sondern auch für Regie-Grössen wie Steven Spielberg («Bridge of Spies»), ausserdem entwarf er die Miniaturbauten für «Die Tribute von Panem».

Durch seinen Vater, der Standfotograf beim Film war, ist Simon Weisse über Praktika an Filmsets ebenfalls in die Branche gerutscht. 1988 flimmerte sein erstes Modell über die Leinwand in «Die Abenteuer des Baron Münchhausen» von Terry Gilliam. Eine Ausbildung hat Weisse nicht. Durch «Learning by Doing» sei er über die Jahre zu einem der gefragtesten Modellbauer weltweit geworden.

Handwerk droht auszusterben

Konkurrenz habe er wenig, da Miniaturbauten im Film immer noch ein Nischenprodukt seien und es nicht viele Fachpersonen dafür gäbe, so Weisse: «Im Moment läuft es gut für uns, aber Nachwuchs zu finden, ist schwer. Meine Tochter arbeitet mit mir zusammen und übernimmt vielleicht später ein paar Aufträge.»

Drei Personen sitzen auf einem Sofa vor Wandbildern.
Legende: An der Seite von Wes Anderson setzte Simon Weisse neue Massstäbe im Modellbau. Atelier Simon Weisse

Weisse bemüht sich darum, dass die alte Handwerkskunst nicht verloren geht, indem er an Festivals darüber spricht. So zum Beispiel am diesjährigen Neuchâtel International Fantastic Filmfestival. Zudem gibt er Masterklassen an Filmschulen.

«Die Studierenden sind oft erstaunt, was man alles mit analogen Techniken machen kann. Viele denken, dass es nur noch digital geht», sagt Weisse, der seit 36 Jahren die Filmwelt mit seinen Modellen und Requisiten ausstattet.

Gerade hat er die sechste Zusammenarbeit mit Wes Anderson abgeschlossen, für «The Phoenician Scheme». Die Filme des Kultregisseurs werden insbesondere für ihre verspielte Bühnenbild-Ästhetik und ausgefallenen Szenenbilder gefeiert – zu denen Simon Weisse einen wichtigen Teil beiträgt.

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SRF1, 10vor10, 18.07.2024, 21:50 Uhr.

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