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Kinos bieten Streamings an Heimische Kinos streamen nach Hause

Netflix hat Konkurrenz bekommen: Amazon, Apple, Disney und etliche mehr säbeln am Streaming-Kuchen. Aber während die «Streaming-Wars» um die gute Stube in vollem Gange sind, bemühen sich die ursprünglichen Leidtragenden, die Kinobetriebe, die neue Technologie zu ihren Gunsten zu nutzen.

Auf den ersten Blick mutet es absurd an, wenn eine Kinokette auf ihrer Webseite ein Streaming-Angebot aufschaltet. Aber hinter den Angeboten der Basler Studiokino-Kette kult.kino und dem der Zürcher Arthouse-Kinos stecken klare Konzepte.

«Streaming ist die Fortsetzung des Kinos»

«Wir verkaufen an der Kinokasse seit vielen Jahren DVDs von Filmen, die bei uns gelaufen sind», sagt Romy Gysin von der Basler kult.kino AG. «Das Streaming-Angebot ist eigentlich nur die logische Fortsetzung dieser Dienstleistung.»

Ein wichtiger Grund für die Ausweitung des Angebots von der Kinoleinwand auf die heimischen Bildschirme ist die immer hektischere Kinoauswertung. Vor allem im Studiofilm-Segment drängen so viele Filme auf die Leinwand, dass sich die wenigsten von ihnen länger als ein paar Wochen im Kino halten können.

Film verpasst? Kein Problem.

Wer zu lange wartet, um etwa ein Meisterwerk wie Céline Sciammas «Portrait de la jeune fille en feu» auf der Leinwand zu sehen, ist allenfalls dankbar, wenn das Angebot nahtlos vom Kino in die heimische Stube transferiert werden kann.

Ein wenig anders gelagert ist das Streaming-Konzept der Zürcher Arthouse-Kinos, wie deren Leiter Beat Käslin erklärt: «Wir möchten unser Kinoangebot mit dem Streaming-Angebot nicht konkurrenzieren, sondern komplementär ausbauen». So machen die Arthouse-Kinos über ihre Webseite zum Beispiel frühere Filme von Pedro Almodóvar zugänglich, während das jüngste Werk des spanischen Meisters im Kino gezeigt wird.

Während die Basler kult.kino AG auf eine eigene technische Lösung setzen, nutzen die Zürcher Arthouse-Kinos einen externen Streaming-Anbieter, der einfach in die Kinowebseite eingebunden wird. Es gibt etwa auf myfilm.ch einen kult.kino-Kanal mit Video-on-Demand-Angeboten (VoD). Kostenpunkt für das Publikum: CHF 7.50 pro Film – das ist etwa die Hälfte des Preises für einen regulären Kinoeintritt.

Streaming macht für Nischenfilme Sinn

Auch die traditionellen Geschäftspartner der Kinos, die Filmverleiher, welche die regionalen Rechte an einzelnen Filmen haben, setzen auf Streaming zur Ergänzung des Angebots. So bietet etwa der Nischen-Verleih Outside the Box mittlerweile fast seinen ganzen Katalog als VoD auf der Vimeo-Plattform an. Das sei für Nischenfilme wie etwa «Aloys» von Tobias Nölle günstiger als die Produktion einer DVD-Kleinauflage, sagt Christian Ströhle von Outside the Box.

Für ebenso wichtig hält Ströhle aber auch die zukünftige Möglichkeit, dem Publikum von Anfang an die Wahl zu lassen: Wer partout nicht ins Kino will, soll einzelne Filme des Verleihs eben schon gleichzeitig mit dem Kinostart zuhause schauen können.

Gleicher Film im Kino wie im Stream

Dass diese Idee der Wahlfreiheit Zukunft haben könnte, beweisen derzeit etliche Kinobetreiber, darunter auch die Basler kult.kino AG, indem sie die Netflix-Produktionen wir Martin Scorseses «The Irishman» oder Noah Baumbachs «Marriage Story» ein paar Tage vor und – bei genügend Interesse – auch noch nach dem globalen Netflix-Start auf der grossen Leinwand anbieten. Aus Sicht der Kinos wie auch von Netflix könnte man da durchaus von einer taktischen Umarmung der Konkurrenz sprechen.

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