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Neu im Kino: «Coup de Chance» Alles nur Zufall, sagt Woody Allen

Woody Allen hat seinen neusten Spielfilm «Coup de Chance» in französischer Sprache gedreht. Seine unverwechselbare Handschrift übertüncht er damit nicht.

Niemand erwartet noch ein Meisterwerk von Woody Allen. Und niemand weiss das besser als Woody Allen selbst. Nur gehen ihm halt die Ideen nicht aus. Und nach über 50 Jahren mit über 50 Filmen gibt es nichts, das er uns noch beweisen müsste.

 «Coup de Chance» steht für einen Glücksfall, für einen «Stroke of Luck». Erzählt wird – weitgehend humorlos – von einer fatalen Affäre in Paris. Der Plot funktioniert gemäss der Prämisse, dass Ereignisse von grosser Tragweite prinzipiell aus Zufall eintreten. Keine Schläge des Schicksals, keine ausgleichende Gerechtigkeit. Pures Glück oder Pech.

Mehr vom Gleichen

Zum gleichen Thema hat Allen schon andere Filme gedreht. Der Handlungsbogen ist vage angelegt an die Geschichte seines britischen Thrillers «Match Point» (2005). Aber das ist nur einer von vielen möglichen Querbezügen in Allens ausuferndem Werk.

Ein Frau und ein Mann in einem Park spazierend und lachend.
Legende: Man gewöhnt sich schnell an ihre unnatürlichen Sprechakte: Niels Schneider und Lou de Laâge in Woody Allens «Coup de Chance». Frenetic Films

Allen arbeitet schon länger mit Varianten von Gags, Motiven und Erzählsträngen aus seiner früheren Filmografie. Ein klarer Vorteil: So weiss man immer gleich, bei wem man zu Hause ist. Ein paar Ideen sind neu – wie gesagt, sie gehen ihm nicht aus –, aber die Handschrift ist unverkennbar.

En français

Neu an «Coup de Chance» ist, dass Woody Allen in französischer Sprache gedreht hat, auf den Spuren von Claude Chabrol und Louis Malle. Damit hat er sein eigenes Glück herausgefordert, denn er spricht die Sprache nicht, und er versteht sie nur schlecht.      

Wer hingegen Französisch versteht, hört den englischen Ursprung der Dialoge sofort. Die übersetzende Person hatte einen schweren Entscheid zu fällen: Sie konnte entweder glaubwürdig klingende, freiere Dialoge anfertigen – und damit Allens Tonfall verraten. Oder, wie geschehen, Allens Duktus übernehmen – mit dem Risiko, aufgesetzt zu klingen.

Künstliches Ambiente, schwacher Plot

Man gewöhnt sich allerdings schnell an die unnatürlichen Sprechakte, indem man sie als Verfremdungseffekt abtut. Lou de Laâge, Niels Schneider, Melvil Poupaud und Valérie Lemercier spielen zwar aufgesetzt, aber das passt gut zu den unnatürlichen Lichtern und Farbtönen, die der legendäre Kameramann Vittorio Storare beisteuert.

Filmszene an einem Tisch in einem französischen Restaurant.
Legende: Klischierte Rollen und vorhersehbare Wendungen: Woody Allens neuer Film ist nicht sehr glaubwürdig. Frenetic Films

Der eigentliche Schwachpunkt von «Coup de Chance» ist die Handlung: Der Film erzählt von der kunstaffinen Frau eines dubiosen, steinreichen Geschäftsmannes. Diese beginnt eine Affäre mit einem ehemaligen Schulkollegen, welcher sich als Schriftsteller versucht – woraus sich Verkettungen ergeben.

Die Konstellation dient wie gesagt der Illustration von Allens Überzeugung, dass die Geschicke des Lebens nicht gelenkt werden können – nicht durch Liebe, nicht durch Geld, nicht durch Vorsehung. Die Figuren sind dabei vorwiegend Stereotypen, die dieser Illustration dienen.

Man sieht es kommen

Auch klischierte Rollen sind bei Woody Allen nichts Neues; sie gehören zu seinem Repertoire. Aber es ist ihm in Vergangenheit wesentlich besser gelungen, damit Emotionen und Brüche zu erzeugen.

In «Coup de Chance» sieht man die Wendungen kommen – und das ist nicht besonders geschickt für eine Geschichte, die vorgeblich vom Zufallsprinzip gesteuert wird.

Kinostart: 11.04.2024

Radio SRF 2 Kultur, Kino im Kopf, 13.04.2024, 8:30 Uhr

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