Am besten, wir beginnen ganz von vorne – bei Adam gewissermassen: Denn wer sich in der Comicwelt nicht so gut auskennt, dürfte sich zunächst fragen: Wer bitte ist dieser Black Adam, dessen Ursprungsgeschichte nun die Kinokassen füllen soll?
Der Muskelberg und die Magier
Der Film beginnt in der Antike, fast 5000 Jahre vor unserer Zeit: Teth-Adam alias Black Adam (gespielt von Dwayne «The Rock» Johnson), wird durch einen Zauberspruch (« Shazam! ») mit unvorstellbaren Kräften beschenkt.
Doch statt diese weise einzusetzen, missbraucht sie der Quasi-Unsterbliche, um Rache zu üben. Entsetzt von der grausamen Ader des Muskelbergs, sperren ihn die mächtigsten Magier kurzerhand im Inneren eines Bergs ein.
Erst in unserer Gegenwart gelingt dem fehlbaren Übermenschen die Flucht aus seinem massiven Kerker. Endlich wieder frei, hat der Gerechtigkeitsfanatiker zunächst nur ein Ziel. Er will die moderne, ausbeuterische Welt seinen Zorn spüren lassen.
Bunt gemischte Justice Society
Das wiederum ruft die Hüter von Recht und Ordnung auf den Plan: die Justice Society. In den DC Comics existiert diese kunterbunte Superheldentruppe bereits seit den 1940ern – über 20 Jahre länger als Marvels Avengers. Im Kino war von DC dagegen bislang erst die 1960 erfundene Justice League zu sehen: mit Batman, Superman, Aquaman und Wonder Woman als Aushängeschilder.
Die aktuelle Besetzung der Justice Society ist deutlich weniger prominent: Hawkman, Cyclone, Dr. Fate und Atom Smasher heissen deren Mitglieder. Einen hohen Wiedererkennungswert besitzt einzig Dr. Fate: Dieser wird nämlich von Bond-Darsteller Pierce Brosnan verkörpert.
Aldis Hodge und Noah Centineo, welche die Superhelden Hawkman und Atom Smasher spielen, dürfte dagegen kaum jemand kennen. Wohingegen die Wahl von Schauspiel-Wirbelwind Quintessa Swindell primär aus genderpolitischen Gründen interessant ist: Cyclone ist die erste Superheldin, die von einer non-binären Person gespielt wird.
Fluide ist in «Black Adam» allerdings nicht die Grenze zwischen den Geschlechtern, sondern diejenige zwischen Gut und Böse.
Böser als dieser Adam ist nur der Teufel
Black Adam ist sich der moralischen Ambivalenz seines Charakters stets bewusst: «Ich bin kein Held», pflegt der ansonsten eher Wortkarge in jeder zweiten Szene zu sagen.
Doch auch wenn er dem tugendhaften Hawkman zuerst Saures gibt: Die Rolle des klassischen Bösewichts, die Black Adam in vielen Comics spielt, wird ihm im Kino verwehrt. Die übernimmt der Leibhaftige höchstpersönlich.
Kein Wunder, schliesslich soll «The Rock» als Identifikationsfigur für volle Kassen sorgen. Ein bisschen böse darf sein Black Adam also sein – mehr aber nicht. Eine Strategie, die entfernt an die charakterliche Umgestaltung ehemaliger Marvel-Schurken durch Sony erinnert: Sowohl «Venom» als auch «Morbius» waren ursprünglich Spidermans Feinde, bevor das Kino mehr oder minder sympathische Antihelden aus ihnen machte.
Auch qualitativ lässt sich «Black Adam» nur im Niemandsland verorten: Eingepfercht irgendwo zwischen den zwei plumpen, aber lukrativen «Venom»-Filmen und der völlig missglückten «Morbius»-Adaption.
Bis zu Deadpool, Marvels bestem «Badass», ist der Weg für DCs humorlosen Hünen jedenfalls noch weit. Nur etwas macht Hoffnung: Black Adam dürfte im nächsten Film auf Superman treffen. Vielleicht darf der Zurückgebundene dann endlich so richtig böse sein.
Kinostart: 20.10.2022