Weil die Orchesterdirigentin Julia und ihr Mann Georg auf normalem Weg kein Kind bekommen können, suchen sie eine exklusive Kinderwunschlink auf. Die Behandlung von Dr. Vilford schlägt an, Julia wird schwanger und das Familienglück scheint vollkommen. Doch die Geburt ist nicht komplikationsfrei und das Baby wird direkt weggetragen.
Alles sei normal, muss die erschöpfte und ängstliche Mutter immer wieder hören. Aber als ihr nach einiger Zeit ihr Baby – ein Junge – in die Arme gelegt wird, ist nichts mehr normal für Julia.
«Es» bleibt der Mutter fremd
Die Augen des Neugeborenen sind nicht so teuflisch wie die aus Polańskis «Rosemary's Baby», aber auch dieses Kind ist der jungen Mutter unheimlich. Viel zu still ist das Neugeborene – so, dass Julia einmal die Musik immer lauter aufdreht und schliesslich ein Quietschtier direkt neben dem Ohr des Babys drückt. Als es erschreckt weint, erschrickt auch Julia über sich selbst und ihre Gefühllosigkeit.
Aber Misstrauen, Angst und Verdacht bleiben. Das Baby bleibt für Julia ein «Es». Einen Namen mag sie ihm auch nicht geben.
Alles ist in Ordnung – nichts ist in Ordnung
Julia wird differenziert und meisterlich gespielt von der schweizerisch-deutschen Schauspielerin Marie Leuenberger, bekannt aus «Die Standesbeamtin» (2009) und «Die Göttliche Ordnung» (2017). In Leuenbergers zurückhaltendem Spiel sind die Gefühle Julias in feinen Nuancen abzulesen: das Glück, endlich schwanger geworden zu sein, die Verwirrung nach der komplizierten Geburt, die wachsenden Zweifel und Verdachtsmomente, die Verzweiflung, weil ihr Umfeld – allen voran ihr Ehemann Georg – immer nur betont, alles sei normal.
Aber natürlich ist nichts in Ordnung. Normal ist in dieser seltsamen Kinderwunschklinik sowieso nichts – die sieht erstmal schon gar nicht wie eine Klinik aus, eher wie ein kühles Luxushotel. Und Dr. Vilford, der Chefarzt der Kinderwunschklinik, ist zwar immer smart und wie aus dem Ei gepellt – aber dennoch umgibt ihn die Aura eines Dr. Frankenstein.
Subtiler als Polańskis «Rosmary’s Baby»
«Mother's Baby» der Österreicherin Johanna Moder lehnt sich mit dem Titel klar an Roman Polańskis Horror-Klassiker «Rosemary’s Baby» (1968) an. Aber hier erzählt eine Frau vom Kinderkriegen. Und Moder kennt, wovon sie erzählt. Davon, wie auch nach einem Kinderwunsch nicht alles nur eitel Freude ist, wenn das Baby dann da ist. Als Frau grade noch erfolgreich, berufstätig, selbständig – als frische Mutter angebunden ans Haus, mit einem Wesen, an dem alles fremd ist.
Im Vergleich mit Polański entfaltet sich Moders Horror ungleich feiner: Lange Zeit scheint «Mother's Baby» lediglich ein Film über eine postpartale Depression zu sein, das Psychogramm einer Frau, die mit der neuen Situation, dem neuen Wesen in ihrem Leben nicht klarkommt. Dann aber zieht im Lauf des Films die Horror-Schraube an, langsam zwar und subtil, aber stetig.
«Mother’s Baby» ist sehenswert. Der Film ist eine kunstvolle Variation auf die Überforderungen von Mutterschaft, auf postpartale Depression, auf Kinderwunsch um jeden Preis. Ein Psychodrama, das sich mehr und mehr zum Horror steigert. Dieser ist allerdings nicht laut, schmutzig und monströs, sondern subtil, klinisch – aber nicht weniger intensiv.
Kinostart: 18. September 2025