Motorradclubs zelebrierten einen Lifestyle ausserhalb der Regeln, am Rande der Gesellschaft: Biker waren die Rebellen des American Dream. Der Film «The Bikeriders» spielt denn auch in den 1960er-Jahren und folgt dem Aufstieg und Fall der «Vandals», einem fiktiven Outlaw-Motorradclub im Mittleren Westen der USA.
Die «Vandals» entwickeln sich von einem kleinen, rebellischen Bikerclub zu einer berüchtigten, kriminellen Gang – das bedroht die ursprüngliche Vision des Gründers Johnny und gibt Zoff.
Weiblicher Blick auf eine Macho-Welt
Dieser Männerkosmos wird durch die Augen von Kathy gesehen, der Frau des Bikers Benny. Das bricht die männliche Sichtweise.
Dass sie als Frau die Geschichte erzähle, sei viel ehrlicher, verlässlicher und interessanter, sagt Kathy-Darstellerin Jodie Comer: «Die Jungs würden ganz anders berichten. Sie würden vieles weggelassen, würden versuchen, ein bisschen cooler zu erzählen, die Schwierigkeiten zu betonen und zu glorifizieren.»
Kult-Fotobuch als Vorlage
«The Bikeriders» ist inspiriert vom gleichnamigen Fotobuch des Fotografen und Journalisten Danny Lyon aus dem Jahr 1968. Es schildert das Leben des «Chicago Outlaws Motorcycle Club», einer Gruppe von aufrührerischen Aussenseitern. Lyon wurde selber Mitglied der Gang, fuhr mit den Bikern mit, übernahm ihren Lebensstil und hielt ihn in Bildern und Interviews fest.
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Bild 1 von 2. Inspiration des Films: das gleichnamige Fotobuch aus den 60ern «The Bikeriders». Der Bildband von Danny Lyon wurde 1997 neu aufgelegt. Bildquelle: DANNY LYON / Twin Palms Publishers.
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Bild 2 von 2. Regisseur Jeff Nichols greift in seinem Film die ikonische Bildsprache des Fotobuch-Klassikers auf und inszeniert diese Retro-Motorradwelt gekonnt. Bildquelle: Universal Pictures International Switzerland.
Entstanden ist ein beeindruckendes Zeitdokument, das Kult wurde. Regisseur und Drehbuchautor Jeff Nichols («Take Shelter», «Mud») entdeckte es 2003: «Das Buch lieferte mir alle nötigen Hinweise zur Darstellung einer Subkultur, alle Details. Ich musste mir nur die Handlung ausdenken.» Der grösste Konflikt im Film ist dann eine Dreiecksgeschichte geworden.
Liebe oder Kameradschaft?
Objekt der Begierde ist der unbezähmbare, rebellische Benny. Um ihn kämpfen seine Ehefrau Kathy und der «Vandals»-Anführer Johnny, gespielt von Haudegen Tom Hardy.
Johnny will, dass Benny den Motorradclub übernimmt, Kathy will, dass Benny aus dem Club aussteigt und mit ihr lebt. Doch Benny kann beiden nicht geben, was sie möchten.
«Er ist ein einsamer Wolf, der keine Verantwortung übernehmen will», sagt Austin Butler über seine Figur «und doch gibt es diesen Teil in ihm, der sich nach Zusammengehörigkeit sehnt.»
Aussergewöhnliche Diven
«The Bikeriders» fährt mit einem grossartigen Cast auf, ist toll gefilmt und unterhaltsam. Leider ist die Geschichte jedoch vorhersehbar und birgt kaum Überraschungen.
Dennoch ist das Drama ein Muss für diejenigen, die dem Goldenen Zeitalter der röhrenden Maschinen nachtrauern, und wissen: Die eigentlichen Helden der Geschichte sind die Motorräder.
«Einige Maschinen, mit denen wir drehten, waren 60 oder sogar 80 Jahre alt», sagt Regisseur Jeff Nichols lachend: «Sie mochten es nicht, wenn es kalt war oder heiss oder trocken oder nass. Es gab keinen Zustand, für den sie gemacht waren. Diese Bikes waren die grössten Primadonnen, mit denen ich jemals zusammengearbeitet habe.»
Kinostart am 20.06.2024.