1970er-Jahre, ein Elite-Internat für Jungen in Neuengland, USA. Wer über Weihnachten nicht nach Hause kann, muss die Ferien in der Schule verbringen. Lust darauf hat niemand, erst recht nicht der garstige Geschichtsprofessor Paul Hunham.
Weil Hunham den Sohn einer grosszügigen Spender-Familie hat durchfallen lassen, wird er vom Internats-Direktor dazu verdonnert, jene Schüler zu betreuen, die während der Festtage auf dem Campus bleiben. Übrig ist nach ein paar Tagen einzig der 15-jährige Angus, Hunhams aufmüpfigster Schüler.
Festtagsfamilie wider Willen
«The Holdovers» ist eine Weihnachtskomödie über gestrandete Eigenbrötler. Der Film lebt von seinen Figuren, die alle auf ihre Art bei ihren Mitmenschen anecken. Angus schreibt zwar gute Noten, wird aber wegen Verhaltensauffälligkeiten von seiner Mutter gemieden. Professor Hunham trinkt zu viel und versucht, seine Sozialphobie zu überspielen, indem er lateinische Sprüche zitiert.
Zu Angus und Hunham gesellt sich bald die Schulköchin Mary. Diese trauert um ihren verstorbenen Sohn und ist deswegen gar nicht in Weihnachtsstimmung. So entsteht eine Zweckgemeinschaft, deren Mitglieder Angus, Mary und Hunham versuchen, sich in ihrer jeweiligen Einsamkeit etwas Halt zu geben.
70er-Nostalgie und Klassenfragen
«The Holdovers» fühlt sich an wie eine Zeitreise: Kostüme, Ausstattung und die Machart des Films treffen die 1970er so genau, dass man glauben könnte, der Film stamme tatsächlich aus dieser Zeit.
Neben der Retro-Romantik hat Regisseur Alexander Payne auch politische Elemente eingewoben. Der Sohn von Schulköchin Mary etwa ist an der Front des Vietnamkriegs umgekommen; denn anders als die meisten Familien der Internats-Schüler ist Mary nicht vermögend oder einflussreich genug, um ihr Kind vor dem Militärdienst zu bewahren.
Ein beeindruckendes Schauspiel-Trio
Trotz der bewegenden Themen rund um Einsamkeit und Verlust ertrinkt «The Holdovers» keineswegs in Trübseligkeit. Gerade die unbeholfenen Annäherungsversuche des sozial inkompetenten Professors sind so witzig wie rührend. Für diese Performance gewann Paul Giamatti bei den diesjährigen Golden Globes den Preis als bester Hauptdarsteller in einer Komödie. Und erhielt eine Nomination für den Oscar als bester Hauptdarsteller.
Ebenfalls für einen Oscar nominiert und bereits einen Golden Globe gewonnen hat die Schauspielerin Da'Vine Joy Randolph – als beste Nebendarstellerin, für ihre Rolle als Mary. Auch dem Newcomer Dominic Sessa, der den Schüler Angus spielt, merkt man nicht an, dass es sein erster Spielfilm ist.
Timing suboptimal
«The Holdovers» wäre kein Weihnachtsfilm, wenn das ungleiche Trio aus Angus, Hunham und Mary im Verlauf der Geschichte nicht als ersehnte Ersatzfamilie zueinanderfände. Doch die Komödie ist nicht nur ein Appell an Nächstenliebe. Trotz der Charakterentwicklungen, des Humors und der Herzlichkeit beschönigt der Film bis zum Schluss nicht die ungerechte Realität, mit der die Figuren zu kämpfen haben.
Das vielleicht einzige Problem des Films ist sein schlechtes Timing. Ende Januar ist wohl kaum der ideale Zeitpunkt, um einen Weihnachtsfilm zu veröffentlichen. Doch trotz verspätetem Festtags-Flair ist «The Holdovers» ein herzerwärmendes Wohlfühlerlebnis für kalte Tage.
Kinostart: 25.1.2024