Filme aus aller Welt zu zeigen, jenseits des Mainstream-Kinos, das ist die Vision von Thomas Keller. Er hat die Weltfilmtage im Jahr 1991 mitbegründet und ist immer noch in der Organisation. Regina Conrad ist seit 17 Jahren dabei.
Im Gespräch erzählen sie, wie die Weltfilmtage zu dem geworden sind, was sie heute sind: ein kultiger Geheimtipp in der Schweizer Filmfestivalszene abseits der grösseren Kulturzentren, im bündnerischen Dorf Thusis.
Vom Durchfahrtsort zum «Heimat»-Kino
Thusis ist den meisten als Durchfahrtsort bekannt. Das Dorf liegt an der Autobahn Richtung San Bernardino, direkt an der Viamala-Schlucht, durch die sich der Hinterrhein kämpft, unweit des Zusammenflusses von Hinter- und Vorderrhein.
Wir wollten keine Mainstreamfilme zeigen.
Mitten im Dorf liegt das Kino Rätia, seit 1991 Austragungsort der Weltfilmtage. Im Foyer des Kinos erzählt Thomas Keller, dass die Weltfilmtage als einmalige Veranstaltung gestartet sind: Zur 700-Jahrfeier der Schweiz richtete der Kanton Graubünden das «Fest der Solidarität aus» – in Chur mit einem grossen Fest und in Thusis im Kino mit einem Filmprogramm zum Thema «Heimat».
Thusis empfängt Filmschaffende
Das fand Anklang und so gab es im Jahr darauf eine zweite Ausgabe, dann eine dritte und nun also schon eine 31. Ausgabe. Höhepunkte seien jeweils die Gäste, die ihre Filme präsentierten und Publikumsgespräche führten, sagt Regina Conrad.
Dieses Jahr zum Beispiel Milo Rau mit dem Film «Das neue Evangelium», Mano Khalil mit «Nachbarn» – und der Argentinier Alejandro Telemaco Tarraf präsentiert die Schweizer Premiere seines Films «Piedra Sola».
In Dorf und Region fest verankert
Das zieht ein interessiertes, treues Publikum aus der ganzen Schweiz an. Die Liebe im Dorf Thusis und in der Region habe man sich nicht gerade erkämpfen müssen. Aber die Weltfilmtage hätten sich ein paar Jahre bewähren müssen, um dann als festes Ereignis im Dorfleben anzukommen.
Heute kämen die Dorfbewohnerinnen und -bewohner vor allem unter der Woche, wenn das Kino nicht so voll mit auswärtigen Gästen sei, ergänzt Regina Conrad. Die Weltfilmtage sind ein kleines, geradezu winziges Festival mit nur einer Spielstätte, jeder Film wird nur einmal gezeigt.
Ein Fenster zur Welt
Doch es gibt viele kleine und sehr kleine Filmfestivals in der Schweiz. Warum geniesst gerade Thusis diesen Ruf als Geheimtipp unter den Schweizer Filmveranstaltungen?
Das liege wohl am Programm, sagt Thomas Keller: «Wir wollten keine Mainstreamfilme zeigen.» Mit dem Programm solle Thusis ein Fenster zur Welt öffnen. Sie wollten ihr Interesse darauf richten, wie es in Burkina Faso, in Indien, in Ecuador aussieht.
«Bilder betreffen oft anders als Gelesenes»
Das habe durchaus auch einen politischen Hintergrund, ergänzt Regina Conrad: «Wir möchten die Leute auch auf die Dinge aufmerksam machen, die in der Welt auch nicht gut laufen. Filmschaffende bekommen hier eine Stimme, um die Situation in ihren Ländern darzustellen. Bilder betreffen oft anders als Gelesenes.»
Das verpatzte 30. Jubiläum im letzten Jahr wollen sie dieses Jahr nicht nachholen, sagt Thomas Keller – aber es liege die Idee in der Luft, die 33. Ausgabe zu feiern. Auf jeden Fall, das ist der Wunsch Kellers für die Zukunft, soll das Bündner Dorf Thusis mit seinen Weltfilmtagen ein «Fenster zur Welt» bleiben.