Warum gilt die Totenmesse für Benedikt XVI. als einzigartig? Erstmals seit Menschengedenken hält ein Papst die Totenmesse für einen Papst. «Sonst starb ein Papst im Amt», so SRF-Religionsredaktorin Judith Wipfler. «Er wurde bestattet, bevor der nachfolgende Papst überhaupt gewählt war.»
Warum wird Benedikt XVI. im Grab seines Amtsvorgängers Johannes Paul II. beigesetzt? Benedikt XVI. wollte das so. Dessen Gebeine befinden sich nach seiner Seligsprechung nicht mehr in ebendiesem Grab, sondern andernorts im Petersdom. «Dass Benedikt XVI. genau hier seine letzte Ruhe findet, ist Symbol für die Kontinuität und Nähe zwischen den beiden sehr konservativen Päpsten», sagt Judith Wipfler.
Wer reiste zur Beerdigung? Viele internationale Gäste wurden erwartet. Offiziell eingeladen wurden nur die Delegationen aus dem Geburtsland Deutschland und aus Italien. Aus Deutschland reisen sowohl der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als auch Bundeskanzler Olaf Scholz an. Auch der bayrische Ministerpräsident Markus Söder erweist Benedikt XVI. die letzte Ehre.
Warum stösst die Beisetzung auf so grosses, globales Interesse? Ein Papst ist immer noch eine Weltpersönlichkeit. Der deutsche, viel gelesene Theologe Ratzinger habe die römisch-katholische Kirche über Jahrzehnte geprägt, erklärt Judith Wipfler. «Sein Pontifikat, von 2005 bis 2013, war zwar vergleichsweise kurz. Aber als Kardinal Ratzinger wirkte er über 20 Jahre als Präfekt der mächtigen Glaubenskongregation.»
Was ist das Vermächtnis von Benedikt XVI.? «Für seine Anhängerschaft war Benedikt XVI. «der» Glaubenshüter in einer immer säkulareren Welt.» Eigentlich wollte er Glauben und Vernunft, Tradition und Moderne zusammenbringen.
«Aber die Art und Weise, wie er dachte, kam ausserhalb nicht an», sagt Judith Wipfler. Mit seinem Selbstverständnis von einer «allein seligmachenden» römisch-katholischen Kirche stiess er viele vor den Kopf: evangelische Christinnen und Christen, Frauen, progressive Katholiken oder auch jüdische und muslimische Menschen.
Welcher Titel passt zum emeritierten Papst Benedikt XVI.? Ihm wurden unterschiedlichste Titel gegeben: Panzerkardinal, der deutsche Papst, Intellektueller auf dem Stuhl Petri. Für die SRF-Religionsredaktorin passt «Papst im Elfenbeinturm» am besten: «Er war zu lang im Elfenbeinturm Vatikan. Ratzinger meinte es gut, verletzte aber vom Schreibtisch aus viele Menschen: südamerikanische Befreiungstheologen, protestantische Kirchen, Frauen, LGBTQI+.»
Zwar habe er danach meistens präzisiert. «Aber da war das Kind schon in den Brunnen gefallen. Darum ist Joseph Ratzinger für mich auch eine tragische Figur.»