Zum Inhalt springen

Corona und die Psyche 6 Tipps für das seelische Gleichgewicht

Die Corona-Krise löst kollektive Ängste aus. Die Nähe zu Menschen wird unheimlich. Seit Wochen ist die Schweiz im Lockdown. Singles leiden unter der Isolation. Familien hocken im Homeoffice aufeinander.

Die Psychiaterin Steffi Weidt gibt Tipps fürs seelische Gleichgewicht.

Steffi Weidt

Psychiaterin

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Steffi Weidt ist leitende Ärztin am Zentrum für Depressionen, Angsterkrankungen und Psychotherapie an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK).

  1. Ich arbeite von zu Hause aus und muss gleichzeitig die Kinder betreuen. Beides leidet, die Arbeit und die Kinder.

    «Werden Sie sich bewusst, dass es vielen Menschen ähnlich geht wie Ihnen. Es ist in Ordnung, dass Sie abgelenkt sind, weil die Kinder zu Hause sind und das Homeoffice sie herausfordert. Bauen Sie für sich und alle anderen Familienmitglieder eine Tagesstruktur auf. Betreuen Sie die Kinder abwechselnd und organisieren Sie für jedes Familienmitglied einen regelmässigen Freiraum. Zum Beispiel allein an die frische Luft oder mit einer Freundin telefonieren.»

  2. Ich habe Angst, dass meine Eltern angesteckt werden und ich sie im Spital nicht besuchen kann.

    «Am wichtigsten ist, dass Sie mit Ihren Eltern darüber sprechen, wie diese eine Infektion vermeiden können. Wenn ein Aufenthalt im Spital unvermeidlich wird, werden die Ärztinnen und Pflegerinnen dort alles daransetzen, dass Sie telefonisch und auch per Video trotzdem in Kontakt bleiben können. Ihre Eltern werden nicht allein sein, es wird immer jemand an Ihrer Seite stehen.»

  3. Ich gehöre zur Risikogruppe, sitze seit Wochen isoliert zu Hause und habe Angst, krank zu werden.

    «Machen Sie sich bewusst, dass das Risiko umso kleiner ist, je konsequenter Sie sich an die Empfehlungen und Vorgaben des Bundesamts für Gesundheit halten. Das heisst: Bleiben Sie zu Hause! Falls Sie das Haus für einen kurzen Spaziergang verlassen, achten Sie gut auf die Hygienemassnahmen. Rufen Sie jemanden an, wenn Sie spüren, dass Ihre Angst übermächtig wird. Entweder Freunde, Familienmitglieder oder professionelle Hilfe, wie zum Beispiel die Telefonnummer 143.»

  4. Was kann ich machen, wenn die Angst in Panik umschlägt? Mich lähmt und nicht mehr schlafen lässt?

    «Halten Sie Kontakt zu anderen, sprechen Sie mit Vertrauten über Ihre Ängste und Sorgen, besinnen Sie sich auf Ihre Stärken. Halten Sie eine Tagesstruktur aufrecht. Seien Sie nett und freundlich zu sich selbst und anderen. Planen Sie bewusst positive Aktivitäten in Ihrem Alltag ein. Holen Sie sich rechtzeitig professionelle Hilfe.»

  5. Wo bekomme ich psychotherapeutische Hilfe in diesen Zeiten?

    «Es gibt verschiedene professionelle Angebote von Fachpersonen, die in den meisten Fällen gut weiterhelfen können. Viele psychiatrische Kliniken und Ambulatorien bieten Notfallnummern, welche man rund um die Uhr erreichen kann. Zusätzlich gibt es bei vielen Kliniken telemedizinische Angebote für Risikogruppen. Auch niedergelassene Psychiaterinnen und Psychiater bieten zum Teil telemedizinische Beratung und Behandlung an. Auch bei der Dargebotenen Hand unter www.143.ch finden Sie Beratung rund um die Uhr.»

  6. Wie kann ich diese Zeit gut nutzen, um das innere Gleichgewicht zu stärken?

    «Vielleicht wollten Sie schon lange die Wohnung umgestalten, alte Freunde wieder einmal kontaktieren, frühere Hobbies wieder aufnehmen. Ist das der Fall, tun Sie es. Reflektieren Sie, was Ihnen wichtig ist im Leben. Schreiben Sie sich Ihre Überlegungen auf. Denn sonst kann es passieren, dass Sie nach der Krise schnell wieder vergessen, was Ihnen wichtig ist und was Ihr Leben erfüllt und glücklich macht.»

SRF 1, Sternstunde Philosophie, 12.4.2020, 11 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel