Der Deutsche Evangelische Kirchentag DEKT wollte immer «Zeitansage» sein. Der erste fand 1949 im zerbombten Deutschland statt: «Nie wieder!» – dieses Motto prägte den Kirchentag.
1983 sagte die Kirchentagsbewegung klar «Nein zu Massenvernichtungswaffen». Sie demonstrierte wiederholt gegen Aufrüstung. Doch heute, im Jahr 2025, scheinen die Kirchenmenschen verunsichert in ihrem Jesus-Pazifismus.
-
Bild 1 von 4. Den Slogan «mutig – stark – beherzt» schreibt sich der Evangelische Kirchentag dieses Jahr aufs Banner. Bildquelle: Keystone/EPA/EPA/CHRISTOPHER NEUNDORF.
-
Bild 2 von 4. Friedensdemonstration beim Kirchentag 1983 in Hannover: Unter dem Motto «Ein Nein ohne jedes Ja zu Massenvernichtungswaffen» hatten zahlreiche Gruppen zu der Demonstration aufgerufen. Der Protest richtete sich gegen den Nato-Doppelbeschluss und die Stationierung von Pershing-II-Raketen. Bildquelle: IMAGO/Norbert Neetz.
-
Bild 3 von 4. Bundeskanzler Olaf Scholz tritt am 2. Mai 2025 beim Evangelischen Kirchentag als Redner auf. Bildquelle: epd-bild/TimxWegner.
-
Bild 4 von 4. Frank-Walter Steinmeier lobt während des Eröffnungsgottesdienstes des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Hannover die Debattenkultur. Bildquelle: Keystone/EPA/EPA/CHRISTOPHER NEUNDORF.
Redner wie Noch-Kanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geben mit ihrem Stichwort «Zeitenwende» die Stimmung am Kirchentag vor. Und die sieht Aufrüstung als Gebot der Stunde.
Wohl werden die Resolutionen des Kirchentags mehr Nothilfe und Friedensdiplomatie einfordern. Christlicher Pazifismus aber wird an den linken Rand gedrängt.
Christlicher Pazifismus steht am Rand
Nicht im offiziellen Kirchentagsprogramm steht die «unabhängige Friedenssynode». Deren prominente Schirmfrau ist Altbischöfin Margot Kässmann.
Kässmann ist ein Kirchentags-Star. Sie verzichtete aber auf volle Messehallen mit Tausenden Teilnehmenden, um vor über 200 aufrechten christlichen Pazifistinnen und Pazifisten den «christlichen Friedensruf Hannover 2025» zu präsentieren.
Er vereint täuferische, evangelisch-landeskirchliche und römisch-katholische Friedensinitiativen. Aber ihr Appell «Friedensfähig statt kriegstüchtig» repräsentiert eben nicht die offizielle Kirchentagsmeinung.
Unfrieden unter Kirchenleuten – auch wegen Israel
Das Thema Aufrüstung spaltet die deutsche Gesellschaft und damit auch die Christinnen und Christen am Kirchentag.
Besonders heikel diesmal das Thema Israel: Da ist die tiefe Verbundenheit der Kirche mit dem Judentum, das ist die deutsche Loyalität zum Staat Israel, da grassiert weltweit Antisemitismus.
Gleichzeitig ist Solidarität geboten mit den zivilen Opfern in ganz Nahost und den bedrängten christlichen Glaubensgeschwistern dort. Diesem Dilemma widmen sich zahlreiche Diskussionsveranstaltungen in den Messehallen Hannovers.
Auch das Verhältnis zu AfD und neuem Rechtspopulismus wird rege diskutiert, allerdings ohne AfD-Mitglieder auf Podien. Man dürfe niemanden ausschliessen, kritisieren durchaus einige, anderen zogen die kirchliche Brandmauer hoch. Gesellschaftlicher Dialog und eine «Kirche für alle» sehen anders aus.
Mutige US-Bischöfin als Stargast
Gegen Rechtspopulismus und die Deportation von Geflüchteten stellt sich mutig Washingtons anglikanische Bischöfin Mariann Budde: Sie ermahnte US-Präsident Donald Trump zu Erbarmen und hielt ihm entsprechende Bibelstellen unter die Nase, etwa «Du sollst den Migranten lieben wie Dich selbst.»
Buddes Buch «Mutig sein» ist soeben auf Deutsch erschienen. Es passt perfekt zur Losung des diesjährigen Kirchentags: «mutig – stark – beherzt».
Mit Mut und Zivilcourage für Menschenrechte und Demokratie einzutreten, das will der Kirchentag. Bleibt kritisch abzuwarten, ob er 2025 noch über die Mitte-Links-Bubble hinauswirken kann.