Nehmen wir «digital detox». Menschen schalten ihr Smartphone ab. Der vorübergehende Verzicht auf Social Media und andere Anreize soll wieder mehr Aufmerksamkeit für das echte Gegenüber schaffen. Manche gehen dafür sogar zu Stillewochen ins Kloster und setzen sich so fastend dem eigenen Ich aus.
Man kann aber auch CO2-Fasten – der Umwelt zuliebe. Oder eine Weile nichts essen, weil man den Winterspeck satt hat. Eine Sucht, jemand will Busse leisten oder einfach nur die Seele entschlacken: Es gibt viele Motive, um zu fasten, und sie sind ganz schön divers.
«Zeit statt Zeug»
Der Trend zum Verzicht begegnet uns auch bei ganz Jungen. Unter dem Motto «Zeit statt Zeug» reduzieren sie ihren Besitz auf 100 Dinge, die es zum Leben wirklich brauche. Sogenannte Postmaterialisten wollen sich verzichtend vom Zwang der Dinge befreien.
Und ausgerechnet freitags, am klassisch christlichen Fasttag, appelliert die Klimajugend, weniger zu konsumieren, weniger zu fliegen, weniger zu heizen.
Verzichten für andere
Mit der jungen Verzichtsbewegung hat das religiöse Fasten überraschend viel gemein. Fasten oder Verzichten verknüpfen die Religionen nämlich von jeher mit Protest und Teilen.
Schon der biblische Prophet Jesaja erklärt nur dasjenige als richtiges Fasten, das «die Unrechtsfesseln löst». Fasten, das Gott gefalle, müsse mit Armenspeisungen und sozialer Gerechtigkeit einhergehen.
Teilen und Barmherzigkeit prägen auch den muslimischen Fastenmonat Ramadan. Hindutempel bieten kostenlose Nahrung an. Buddhistische Mönche und Nonnen demonstrieren mit Hungerstreiks gegen Unrecht in Tibet.
Sich wortwörtlich «in Sack und Asche» zu hüllen, macht sinnenfällig, wie sehr einem etwas in der Luxus-Gesellschaft nicht passt. Fastende feiern demonstrativ nicht mit. Weil andere leiden, leiden sie solidarisch mit.
Fasten und Fastenbrechen
Während die christliche Fastenzeit mit Ostern zu Ende geht, haben Musliminnen und Muslime erst Halbzeit im Fastenmonat Ramadan.
Tagsüber fasten sie streng, trinken noch nicht mal Wasser. Abends aber wird gemeinschaftlich das Fasten gebrochen, zum Essen eingeladen, für Mittellose gespendet. Der ganze Monat soll zur Besinnung führen, spirituell, aber auch gesellschaftlich.
Anders als bei der Lifestyle-Fastenkur geht es hier nicht (allein) um die eigene Wellness. Nach Jesaja, Paulus, Mohammed und Dalai Lama müssten wir in Gemeinschaft und für die Gemeinschaft fasten.
Zur Besinnung kommen
Geselliges Fasten sei ja auch viel leichter, schmunzelt der reformierte Theologe Ralph Kunz. Genau 500 Jahre nach dem Zürcher Wurstessen, das ein Fastenbrechen war und die Reformation auslöste , entdecken auch Reformierte das Fasten neu: Ein Fasten, das zur Umkehr aufruft, gerade auch im Blick aufs Klima.
Das ist ein Fasten for Future. Nur: Freiwillig müsse es sein, so Kunz. Also aus Überzeugung, dass Verzicht Sinn ergibt.
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