Ein Leben als Rockstar? Das wäre nichts für mich. Ich trinke zwar gerne mal ein Glas (oder zwei oder drei). Aber abgesehen davon, dass ich leider unmusikalisch bin, gehe ich lieber um 10 ins Bett. Nächte durchzechen? Das überlasse ich lieber anderen.
Den Ausgelassenen eben. Den Rockstars, die Hotelzimmer zerstören und oft auch sich selbst – mit Alkohol und anderen Substanzen. Der destruktive Lebensstil – er gehört zum Rockstarsein. Zumindest in meiner Vorstellung, die vielleicht auch etwas veraltet klingen mag.
Was, wenn Rocker berühmt sind und noch rauchen?
Nun zeigt eine Studie der Universität Witten/Herdecke: Berühmte Sängerinnen und Sänger sterben im Schnitt 4.6 Jahre früher als weniger berühmte Kollegen. Ruhm, so das Fazit, erhöht das Sterberisiko von Stars um 33 Prozent. Um genau zu sein: Vor allem Solokünstler haben ein höheres Risiko, früher zu sterben. Front-Frauen und -Männer, so die Vermutung, hätten wohl mehr Rückhalt in der Band.
Ruhm sei vergleichbar mit Gelegenheitsrauchen. Auch das erhöhe das Risiko, früher zu sterben, um knapp ein Drittel. Fragt sich: Was, wenn Rocker berühmt sind und noch rauchen?
Natürlich sind solche Ergebnisse ernstzunehmen. Häufige Todesursachen sind: Drogen, Suizid, Unfälle. Die Faktoren, die das Leben der Stars schwer machen: Performance-Druck und der Verlust der Privatsphäre.
Rockstar sein: Heisst es schlussendlich nicht, zu tun und zu lassen, was man will?
Fraglos unmoralisch und absolut abscheulich: So mancher Star wurde und wird wie eine Sau durch die Boulevard-Blätter getrieben – und zwar bis zum bitteren Ende. Das Menschsein – kurz für die knackige Schlagzeile ausgeklammert. Remember: Amy Winehouse, die mit 27 starb. Im gleichen Alter wie ihre Berufskollegen James Morrison, Janis Joplin und Kurt Cobain.
Die Studie will Bewusstsein schaffen, dass der Ruhm auch Schattenseiten hat und auch Stars Schutz brauchen – da kann grundsätzlich keine was dagegen haben. Aber die Frage, die mich umtreibt: Muss der Longevity-Trend auch in der Welt der Rockstars Einzug halten? Heisst 4.6 Jahre länger leben auch, dass man auch mehr vom Leben hat?
Nicht missverstehen: Niemand, der berühmt ist, muss unbedingt Rum trinken, um ein Rockstar zu sein. Aber er oder sie soll dürfen, wenn er will. Aber, Rockstar sein – heisst das nicht eigentlich, zu tun und zu lassen, was man will? (Natürlich solange sonst keine zu Schaden kommt.)
Rock on, schreit die Oma in mir.
Kürzlich hat Pop-Rebellin Charli xcx einen Essay geschrieben. Der Titel «Die Realität, ein Popstar zu sein». Sie schreibt, es sei «fucking Fun» – und damit meint sie Partys, Drogen, Dekadenz.
Sie will kein moralisches Vorbild sein. Ihre Vorbilder: «Ich will mit meinen Künstlern Hedonismus, Gefahr und ein Gefühl von Anti-Establishment verbinden.» In Zeiten von polierten Popstars tanzt sie da aus der Reihe. Und auch schon M.I.A. sang vor schon 13 Jahren «Live fast, die young. Bad girls do it well!» in ihrem tollen Track «Bad Girls» – im Clip auf einem Auto sitzend, das mit gefühlt 200 Sachen durch die Wüste rast.
Das wilde Leben als berühmte Person – ist es vielleicht auch eine Wahl? Oder der Rockstar eben Rockstar, weil er kein Vorbild sein muss?
Die gute Nachricht zum Schluss: Es gibt viele Rockstars, die heute noch leben. Keith Richards und Mick Jagger etwa. Oder Iggy Pop – klar vom Leben gezeichnet. In «Lust for Life», dem legendären Album und Song, besingt er die Freiheit, den Exzess. Rock on, schreit da die Oma in mir. Und trinkt noch einen Tee vor dem Schlafen.