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Guilty Pleasures von Promis «Ich liebe es, anderen zuzuschauen, wie sie Pickel ausdrücken»

Von Blutwürsten bis Phantasialand: Fünf Kulturschaffende verraten uns ihre Guilty Pleasures – und wieso sie sich dafür nur so mässig schämen.

Der englischen Sprache sei Dank haben wir einen passenden Begriff für Büchsenravioli, mittelmässig produzierte Fernsehserien oder banale Blödel-Games. Das Verpönte und dennoch Geliebte: das «guilty pleasure». Übersetzt bedeutet es so viel wie «schuldiger Genuss».

Es ist etwas, an dem ich mich erfreue – obwohl ich weiss, dass ich es eigentlich nicht tun sollte. Wir haben bei fünf Kulturschaffenden nachgefragt, was ihre Guilty Pleasures sind.

1. Gülsha Adilji, Podcasterin und Journalistin

Andere finden: wäh, ich: yeah. Pickel-Ausdrück-Videos lassen mein Herz höherschlagen. Faszinierend, was da alles herauskommt. Mitesser-Videos sind etwas für die wahren Connaisseurs. Früher habe ich mich an meinem Cousin und seinen eingewachsenen Haaren an den Beinen ausgetobt. Unverständlich für mich, dass er nicht hinhalten wollte.

Eine junge Frau mit braunen, hochgesteckten Haaren und Ohrringen
Legende: «Ich bin mehr Schweizer Illustrierte als InTouch.» – Gülsha Adilji interessiert sich mehr für inländischen als ausländischen Klatsch und Tratsch. SRF / Oliver Bräm

Zweitens: Ich liebe Gossip von Schweizer Cervelat-Prominenz. Ob sich Kate und William schon wieder angeblich getrennt und Miley gebotoxt hat, ist mir bisschen schnuppe.

Zu guter Letzt: Fliegen. Wir alle kennen die Sachlage, es schadet der Umwelt. Aber Reisen ist mir wichtig: die neuen Eindrücke, Gerüche und Erfahrungen. Es ist so wertvoll. Aber: Ich poste keine Insta-Bilder vom Flughafen, das ist mir zu guilty.

2. Pedro Lenz, Schriftsteller und Spoken Word Artist

Als alter Katholik habe ich schnell den Eindruck, ich hätte gesündigt. Eine meiner Sünden ist Kreuzworträtsel lösen. Eine der sinnlosesten Beschäftigungen überhaupt. Aber ich kann nicht dran vorbeigehen.

Ein Mann mit kinnlangem Haar sitzt in einem Café, er trägt Hemd und Jackett und mehrere auffällige Ringe
Legende: Pedro Lenz genehmigt sich hin und wieder eine deftige Fleischplatte. So viel «Sünde» muss sein. KEYSTONE / ALESSANDRO DELLA VALLE

Diese Buchstabensucht! Ich muss alles lesen. Wenn da ein Prospekt für Wanderschuhe liegt, dann lese ich den, obwohl ich überhaupt keine brauche.

Manchmal habe ich auch Freude an einer Fleischplatte mit Blut- und Leberwurst. Das ist alles peinlich. Wenigstens habe ich mit dem Rauchen aufgehört.

3. Lisa Christ, Slam-Poetin und Autorin

Man sollte sich für nichts schämen, das Freude bereitet. Eigentlich. Trotzdem ist es ein bisschen peinlich, wenn ich sage: Ich liebe Candy Crush. Das Handyspiel, wo man Bonbons farbig zuordnet. Alles ist maximal bunt, Sachen explodieren, das Handy vibriert bei einem tollen Zug.

Eine junge Frau mit Strähnen in den Haaren, einer Kappe und auffälligen Sonnenbrille steht vor einem Bücherregal
Legende: «Es ist auf eine komische Art sehr befriedigend, wenn alles explodiert» – Lisa Christ gesteht: Sie ist vernarrt in die Spiele-App Candy Crush. Instagram / Lisa Christ

Eine visuelle und haptische Wohltat. Null Komplexität, Tonnen an Dopamin. Wann ich Candy Crush spiele? Immer, wenn ich warten muss. Oder Podcasts höre. Ich kann besser zuhören, wenn ich gleichzeitig Schläckzüg crushe. ADHS sei Dank. Einmal habe ich von Candy Crush geträumt. Das war selbst mir zu viel. Deshalb lösche ich die App immer wieder.

Dennoch: Ich bin schon bei Level 3529 angelangt. Was soll ich sagen: ein süsses Pleasure mit Suchtpotenzial!

4. Petra Ivanov, Journalistin und Schriftstellerin

Schon immer bin ich süchtig nach Katastrophenfilmen – und tauche völlig ab. Monsterflutwellen, Tornados, Erdbeben, Klimakollaps – es kann gar nicht schlimm genug zu- und hergehen.

Eine blonde Frau mittleren Alters mit Brille steht an einem Platz und lächelt
Legende: Immer her mit den Katastrophen! Petra Ivanovs Guilty Pleasure sind fiktionale Filme über lebensbedrohliche Situationen. KEYSTONE / CHRISTIAN BEUTLER

Ich habe deswegen ein schlechtes Gewissen, weil Naturkatastrophen Menschen in der Wirklichkeit vor existenzielle Probleme stellen. Aber in der Fiktion unterhalten sie mich. Vielleicht reagiere ich mich so ab. Wenn ich dann noch einen Becher «Ben & Jerry’s»-Glace dazu löffeln kann, ist das Erlebnis perfekt.

5. Milo Rau, Theaterregisseur

Ich bin da reingerutscht. In mein Guilty Pleasure. Der Freund von Édourad Louis, mit dem ich ein Stück machte, nahm mich mit. Er arbeitete nebenher im Disneyland. Das Vorurteil: Vergnügungsparks seien Komplett-Verblödung. Da sage ich: Künstlerische und szenografische Meisterleistungen sind das!

Ein Mann mit Dreitagebart und grau-schwarzem Haar, im Hintergrund ein roter Vorhang.
Legende: «Das ist ja Highend hier!» – Milo Rau besucht Disneyland und staunt. Seitdem begleitet ihn seine Vorliebe für pompöse Vergnügungspark-Settings. SRF / Oscar Alessio

Womit ich sonst viel Zeit verbringe? Wikinger-Serien suchten. Diese Kostüme, die Bauten, die Details der Schlachtszenen. Faszinierend! Ein (schöner) Nebeneffekt: Man häuft sich ein riesiges Mittelalter-Wissen an.

Die zwei Guilty Pleasures verschmelzen in meiner Lieblingsbeiz. Die ist im Phantasialand, mitten in der mittelalterlichen Zwerg-Bergarbeiter-Welt. Wäre sie nicht so abgelegen, wäre ich da wohl wöchentlich anzutreffen.

Aufgezeichnet von Mara Schwab und Franz Kasperski.

Radio SRF 2 Kultur, 100 Sekunden Wissen, 09.02.2024, 06:55 Uhr

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