«Wir werden Autos mit Tonnen von Sprengstoff nach Jordanien schicken», droht ein Dschihadist des so genannten Islamischen Staats (IS) in einem Youtube-Video. Dann verbrennt er einen jordanischen Pass und verspottet König Abdullah.
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Königreich kontrollieren die IS-Extremisten inzwischen ein Gebiet, das grösser ist als Jordanien. Unter anderem mit dem Hinweis auf diese Gefahr hat die jordanische Regierung Gesetze erlassen, welche die bürgerlichen Freiheiten einschränken – angeblich zum Schutz der Stabilität des Landes. Die Freiräume für zivilen Widerstand und Opposition werden kleiner.
Zivilgesellschaftliches Engagement war weit verbreitet
Dabei herrschte 2011 und 2012 noch Aufbruchsstimmung. Der Ruf nach Reformen erklang erstmals über soziale, ethnische und religiöse Grenzen hinweg. Menschen vom Land und aus den Städten, Jordanier palästinensischer Herkunft sowie Mitglieder alteingesessener Stämme und besonders auch die Jugend – sie alle forderten die politische Öffnung, nicht selten gemeinsam.
Tausende gingen auf die Strasse, vor allem gegen Korruption, Preissteigerungen und Steuererhöhungen, aber auch für einen demokratischen Wandel. So legten sich etwa Aktivisten des Netzwerks «Irhamuna» («Habt Erbarmen mit uns») in hellgrauen Schutzanzügen vor das Energieministerium, neben grellgelben Attrappen von Atommüllfässern. Sie protestierten gegen den geplanten Bau eines Kernkraftwerkes.
Besonders in den sozialen Netzwerken gewann zivilgesellschaftliches Engagement an Fahrt, zum Beispiel mit Onlinekampagnen wie «Samtak bikalafak» (sinngemäss: «Du wirst dein Schweigen teuer bezahlen»). Die Aktivisten wollten damit zu Protesten gegen Strompreiserhöhungen ermuntern.
Regierung setzt auf Repression
Die Regierung reagierte mit einer Art Maulkorb. Seit Herbst 2012 brauchen jordanische Webseiten eine behördliche Lizenz, wenn sie Informationen zum Geschehen im Land veröffentlichen. Diese Lizenz ist nur unter restriktiven Bedingungen zu bekommen. Im Sommer 2013 wurden über 300 Webseiten im Land geblockt.
Ein gutes Jahr darauf erschwerte die Neufassung des jordanischen Anti-Terror-Gesetzes ein weiteres Mal das Engagement von Aktivisten, auch das gewaltfreie. Alle Aktionen, die «Unfrieden stiften» und dazu führen könnten, dass «die öffentliche Ordnung gestört oder dem öffentlichen Wohl geschadet wird», galten nun als terroristische Akte. So kreativ kann Widerstand kaum sein, dass er nicht in eine dieser juristischen Fallen tappt – wenn die Regierung dies will.
Düstere Aussichten für zivilen Widerstand
In den vergangenen Monaten wurden mindestens drei Oppositionelle inhaftiert für das, was sie auf Facebook schrieben. Obwohl sie darin weder zu Gewalt aufriefen noch Terroristen unterstützten. Premierminister Abdullah Ensour empfahl einem der Aktivisten zynisch, einfach das nächste Mal «vor einem Beitrag das Gesetz zu lesen».
Für friedlichen Widerstand, der ja von öffentlicher Kommunikation lebt, sieht es nicht gut aus in Jordanien. Wer dennoch den Mut nicht verliert, muss damit rechnen, dass es schwieriger wird Menschen zu mobilisieren. Besonders nach der grausamen Verbrennung eines jordanischen Piloten durch IS-Terroristen zu Beginn des Jahres fürchten immer mehr Jordanier wachsende Instabilität – und unterstützen das Vorgehen des Regimes gegen Kritiker.