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Die heikle Rolle des Liturgen
Aus Perspektiven vom 14.07.2019. Bild: Getty Images
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Liturgie und Macht Wie das Bistum Basel Machtmissbrauch verhindern will

Wer Gottesdienste leitet, dem oder der wächst Macht zu. Im Bistum Basel wird die Reflexion darüber Teil der Ausbildung.

Priester sollen Teamplayer sein und keine Gurus! Davon ist man im Bistum Basel überzeugt. Darum werden hier Priesteramtskandidaten im Team ausgebildet, zusammen mit Seelsorgerinnen, Diakonen und Religionslehrerinnen und -lehrern. Feedbackkultur soll helfen, den Missbrauch von Macht und Menschen zu verhindern.

Ausbildung mitten in der Gesellschaft

Angehende Priester sollen nicht mehr abgeschirmt von der Welt im Priesterseminar lernen, sondern mitten in der Gesellschaft. Dafür plädiert der Dominikaner Pater Peter Spichtig. Er lehrt in Freiburg am Liturgischen Institut der Schweizer Bischofskonferenz.

In der Schweiz seien die Bistümer schon sehr weit darin, die Priesterausbildung ins reale Kirchenleben zu integrieren. In den Pfarreien arbeiten nämlich überall gemischte Teams aus Frauen, Männern, Geweihten und Ungeweihten. Das gewährleiste ein «Mehr als nur das Vier-Augenprinzip», formuliert Pater Spichtig.

Ausbildung und Liturgie als Gemeinschaftserlebnis

Vielstimmig, dialogisch und partizipativ solle die Ausbildung sein, so wie später auch die Liturgie, der Gottesdienst, betont der Liturgiker Spichtig. So versteht auch die Theologin und Ausbildnerin Elke Freitag die Liturgie, nämlich als Gemeinschaftserlebnis und Dialog. Nicht als One-Man-Show.

Im Bistum Basel ist es bereits Usus, dass sie als Frau, zusammen mit ihren Kolleginnen auch die Priester mit ausbildet. Neu sei, dass sie Ausbildungsgruppen nun auch bunt zusammenstellen: Priesteramtskandidaten lernen gemeinsam mit Studierenden, die Religionslehrerin, Diakon oder Seelsorgerin werden wollen.

Weg von der One-Man-Show

Tatsächlich ist der römisch-katholische Gottesdienst schon seit der Liturgiereform Ende der 60er-Jahre keine One-Man-Show mehr. Neben dem Priester gestaltet das Kirchenvolk die Messe aktiv mit.

Die Ausbildung all derer, die im Gottesdienst auftreten, ist den Bistümern wichtig. Die Ausbildungsabteilung ist im Bistum Basel sogar in der Bistumsleitung angesiedelt.

Vielfalt von Lebensformen im Ausbildungsteam

Im Ausbildungsteam seien verschiedenste Lebensmodelle vertreten, erzählt Mentorin Jeannette Emmenegger. Die Theologin ist dreifache Mutter, ihre Kollegin Elke Freitag Single, der Regens zölibatärer Priester und eine Ordensfrau komplettiere diese Lebensvielfalt.

In der mehrjährigen Begleitung des späteren Kirchenpersonals setzen Emmenegger und Freitag auf Selbstreflexion, geistliche Begleitung, Gruppenfeedback und viele Einzelgespräche. Die selbstkritische Rollenklärung sei zentral, um mit der Verantwortung und Macht klar zu kommen, die mit der Arbeit mit Menschen verbunden sind.

Es sei schon vorgekommen, dass sich junge Menschen auf dem jahrelangen Weg zum Priester von selbst umentschieden hätten.

Nähe und Distanz bleiben Thema

Liturgie und Macht – das bleibe aber Thema, bestätigen die Praktikerinnen und der Liturgiewissenschaftler. Das Kleid, die weisse Albe der Zelebranten sei wie eine Leinwand, auf die die Gemeinde alles Mögliche projiziere, – dessen müssten sich alle immer wieder bewusst werden.

Coaching, geistliche Begleitung, die Pflicht, sich an Kursen und Dienstgesprächen über «Nähe und Distanz» auszutauschen, Evaluation und Kontrolle durchs Team – all das würde dabei helfen.

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