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Ökumenischer Bericht «Wo Christen verfolgt werden, sind auch viele andere betroffen»

IS-Terror, Nationalismus, staatliche Kontrolle: Christen werden laut einem neuen Bericht aus vielen Gründen verfolgt. Deswegen dürfe nicht Hass gegen andere Religionen geschürt werden, warnen die Kirchen.

Zerstörte Kirchen, geschändete Friedhöfe, Menschen auf der Flucht: Der IS-Terror ist auch zu einer Gefahr für das christliche Leben im Nahen Osten geworden.

Zu diesem Schluss kommt der Ökumenische Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit. Die evangelische und die römisch-katholische Kirche in Deutschland haben den Bericht letzten Freitag in Berlin vorgestellt.

Darin warnen sie vor einem «Ende der christlichen Präsenz» in den Ländern, in denen der IS gewütet hat.

Doch auch in anderen Regionen würden Christen Opfer islamistischer Gewalttäter, so der Bericht. Etwa im Norden Nigerias durch die Terrormiliz Boko Haram oder in Somalia durch Al Shabaab.

Ein bärtiger Priester betet mit der Bibel in der Hand hinter einer ornamental verzierten Mauer.
Legende: In vielen Ländern werden Christen verfolgt: etwa die Kopten in Ägypten. Keystone

Verschiedene Ursachen

Der Bericht nennt drei Ursachen für die Verletzung der Religionsfreiheit.

Ein Grund sei der Wahrheitsanspruch politischer Systeme. Länder wie Saudi-Arabien, Katar oder Iran verfolgten eine bestimmte politische Strömung des Islams.

Das gehe zu Lasten von religiösen Minderheiten. Die Religionsfreiheit werde missachtet, «um religiöse Wahrheits- und Reinheitsansprüche durchzusetzen», so der Bericht.

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Nationalismus in Burma und Indien

Ein anderer Grund sei der Nationalismus. «Es wird zwischen der vermeintlich traditionellen, im Land seit Langem ansässigen Religion und fremden Religionen unterschieden», heisst es im Bericht.

Dies sei etwa im buddhistisch dominierten Burma zu beobachten, wo muslimische Rohingya und christliche Karen unterdrückt würden.

In Indien mache sich ein Hindu-Nationalismus breit, der Muslime als Agenten Pakistans und Christen als Agenten des Westens stigmatisiere.

Als weiterer Grund wird die «Angst vor staatsgefährdenden Aktivitäten» genannt, etwa in China, Vietnam oder Laos. «Im Vordergrund steht nicht mehr die kommunistisch-atheistische Ideologie», sondern die «umfassende Kontrolle aller Bereiche des gesellschaftlichen Lebens», so der Bericht.

Drei junge Männer sitzen in der ägyptischen Stadt Minya vor einer Hauswand, auf der mit Kreide ein Kreuz gezeichnet wurde.
Legende: Kopten 2015 in Minya, Ägypten, bei einer Trauermesse: Islamisten hatten mehrere Gläubige enthauptet. Keystone

Viele Gläubige werden verfolgt

«Unser Einsatz für die Christen ist exemplarisch, aber nicht exklusiv», erklärte der Bamberger Bischof Ludwig Schick bei der Vorstellung des Berichts.

Will heissen: Nicht nur Christen werden Opfer von fehlender Religionsfreiheit. Im Gegenteil: «Wo Christen verfolgt werden, sind in aller Regel auch viele andere betroffen.»

In Ägypten zum Beispiel fühlen sich viele koptische Christen als Bürger zweiter Klasse. Opfer von islamistischem Terror und Gewalt werden aber auch Muslime. Erst im November attackierten Terroristen eine Moschee – mit über 300 Toten erlitt Ägypten den blutigsten Anschlag in der Geschichte des Staates.

Kirche verurteilt Hass auf Juden und Muslime

Die Kirchen warnen davor, das Thema Religionsfreiheit zu instrumentalisieren, um Ressentiments gegen andere Religionen zu schüren.

So kritisiert der Bericht auch die Situation in Europa. Hier gebe es oft «Anfeindungen im gesellschaftlichen und sozialen Bereich», von denen «besonders Juden und Muslime» betroffen seien.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Perspektiven, 10.12.17, 8.30 Uhr

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