Er ist frei, stolz und legt Wert auf sein Äusseres. Und er bestimmt, wann er geliebt werden will. Er ist ein Opportunist, aber einer mit Charme. Deshalb verfallen ihm so viele immer wieder, auch wenn sich der Verdacht hartnäckig hält, es gehe ihm doch immer nur um das Eine, ums Fressen nämlich.
Die Rede ist natürlich vom Kater, dem in Bern weltbekannten und oft besungenen Moudi oder Ferdinand, der in lauen Sommernächten um die Häuser zieht oder in der schattigen Ecke des Balkons den Nachmittag verschläft.
Vor Jahrtausenden von Menschen domestiziert, um deren Vorräte vor Mäusen zu bewahren, bleibt die Katze gerne auf Distanz. Wer eine Katze hält, weiss, dass man sie nicht besitzen kann. Sie bleibt mysteriös und letztlich unverfügbar. Das gefällt nicht allen, und sie möchten die Katze erziehen, ihr zeigen, wo es langgeht. Aber im Leben gibt es bekanntlich keine Gewissheit – wie jene, die schon länger über diesen Planeten stolpern, wissen.
Weil sie sich ihrer Endlichkeit – vermutlich – nicht bewusst ist, kann ihr Ratgeberliteratur à la ‹1000 Orte, die man gesehen haben muss, bevor man stirbt› gestohlen bleiben.
Katzen sind herzig, vor allem, wenn sie schlafen. Da vergisst man gerne, dass die Katze ein Raubtier ist, und karnivor noch dazu. In der einst in Mesopotamien domestizierten Variante der «Felis lybica» äussert sich der Jagdtrieb oft als Spieltrieb. Man kann stundenlang Dinge von A nach B bewegen und Katzen so aus der Reserve locken. Oder man kann ihnen dabei zusehen, wie sie auf der Lauer liegen, um Vögel zu erbeuten.
Leider gelingt dies Freigängern viel zu oft, weshalb man ihnen – nein, keine Glöckchen, die bringen nichts – grellbunte Halsbänder umlegen sollte – um hier einen pädagogischen Tipp einzuflechten.
Als Jägerin ist die Katze äusserst effizient. Hat sie sich ein Tier gekrallt, ist es relativ rasch verspeist, und die Katze kann sich wieder in die Ruhephase begeben. Bis zu 18 Stunden schläft sie pro Tag. Und franchement, warum sollte sie nicht? Weil sie sich ihrer Endlichkeit – vermutlich – nicht bewusst ist, kann ihr Ratgeberliteratur à la «1000 Orte, die man gesehen haben muss, bevor man stirbt» gestohlen bleiben.
Die Katze braucht bloss einen Ort, sofern dieser Nahrung hergibt. Und um ans Futter zu kommen, gibt sie alles: ums Bein streichen, auf den Schoss hüpfen, auf der Tastatur auf und ab gehen, volle Kaffeetassen herunterschmeissen oder gar menschliches Verhalten imitieren.
So ging kürzlich die Geschichte einer Katze auf einem Markt viral. Die Katze sah zu, wie Menschen einkaufen. Sie tauschten Geldscheine gegen Fische. Immer wieder. Also tauchte die Katze eines Tages auf und tat es den Kundinnen gleich. Sie trug ein Blatt im Mund. Und für diesen «Geldschein» erhielt sie einen Fisch. Wenn es nicht wahr ist, ist es gut erfunden.
Menschen sind aus Sicht der Katze ziemlich sicher bloss wandelnde Büchsenöffner.
Stur, lethargisch, faul, aber sehr fokussiert und effizient, wenn es ums Fressen geht. Würde man einen Menschen so charakterisieren, wäre sein Beziehungsstatus wohl kompliziert. Doch weil Katzen so herzig sind, verfallen ihnen viele Menschen immer wieder und glauben, sie werden geliebt, auch wenn sie aus Sicht der Katze ziemlich sicher bloss wandelnde Büchsenöffner sind.
Würde ich also mit einem Kater in die Ferien fahren? Nein, natürlich nicht. Oft ist sein Territorium zwar grösser, als der Mensch denkt, das ist wissenschaftlich belegt. Aber der Kater mag es nicht, wenn er zwangsumgesiedelt wird. Der Katzenfreund bleibt also zu Hause, zieht in lauen Sommernächten um die Häuser und verschläft die Nachmittage auf dem Balkon.