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Schwimmender Steg Das Tessin wandelt auf Christos Spuren

Christos schwimmender Steg über den Iseo-See hat die Welt verzaubert. Nun will man ihn im Tessin klonen. Eine gute Idee?

Ein neues Touristenmagnet für das Locarnese? Der Raum Ascona sucht den wirtschaftlichen Aufschwung: mit einem drei Kilometer langen Steg auf dem See, der von Ascona zu den Brissago-Inseln führt.

Wem das bekannt vorkommt, täuscht sich nicht. Schon vor zwei Jahren gab es einen solchen begehbaren Steg auf dem italienischen Iseo-See – ein Werk des Verpackungskünstlers Christo.

Ökologisch wertvoll

Copypaste im Tourismus: Geht das gut? Für Benjamin Frizzi, Sprecher des Seesteg-Projekts und Marketingchef von Locarno Tourismus, ist das Geplante mehr als bloss eine Kopie des Stegs auf dem Iseo-See.

«Der Steg soll für mindestens drei Jahre stehen bleiben und nicht bloss 16 Tage», sagt Frizzi. Das mache es für die Besucher angenehmer, weil weniger Gedränge zu erwarten sei. Hinzu komme: «Unser Stegprojekt soll ökologisch sein.»

Eine Menschenmasse geht über einen breiten Steg auf einem See.
Legende: Anstehen für den Steg: Anders als auf dem Iseo-See (Bild) soll der Steg im Tessin für drei Jahre stehen bleiben – und damit für weniger Gedränge sorgen. Keystone

Der ganze Steg soll aus Plastikabfällen zusammengebaut werden. Es gäbe jetzt schon Interessenten für die Wiederverwertung von Stegteilen nach Ende des Tessiner Passarelle-Projekts, sagt Benjamin Frizzi.

50 neue Arbeitsplätze

Frizzi schwärmt von den Aktivitäten, die auf dem breiten Steg denkbar seien. Vom Platz für Verpflegung und Liegestühle. Von den 50 neuen Arbeitsplätzen, die geschaffen werden sollen. Die Wertschöpfung für die Region sei beachtlich – die Schätzung belaufe sich auf eine halbe Milliarde Franken.

«Ein anspruchsvolles Vorhaben»

Auch das Projekt selbst kostet viel: rund 25 Millionen Franken. Das Geld dafür soll von hiesigen Banken stammen, nicht von ausländischen Investoren. Frizzi gibt sich zuversichtlich, dass die Summe bald zusammen ist.

Der Wirtschaftswissenschaftler Jürg Stettler von der Hochschule Luzern sagt mit Blick auf die Tessiner Steg-Idee: «Das ist ein anspruchsvolles Vorhaben, 25 Millionen gewinnbringend anzulegen. Weil das Angebot ja zeitlich befristet ist. Es stellt sich die Frage, wie gut sie gerechnet haben, bevor sie loslegen.»

Besser als das Original?

Der Businessplan ist also Dreh- und Angelpunkt für das Gelingen des Projekts. Ob die Idee neu ist oder eine Kopie, sei zweitrangig.

«Die meisten Angebote sind ja eine Kopie», sagt Jürg Stettler. «Auch die Hängebrücken und Skywalks sind ja irgendwann einmal kopiert worden. Der Punkt ist: Die Kopie muss besser sein als das Original. Oder sie muss einen Mehrwert zum Original bieten.»

Ein Wettlauf mit der Zeit

Für Locarno spreche, sagt Jürg Stettler, dass es das Original nicht mehr gebe. Der Steg hier könnte also zum neuen Massstab werden. Vorausgesetzt, der Steg in Ascona wird gebaut, bevor die Italiener ihren See-Steg realisieren.

Tatsächlich existieren nämlich in einer italienischen Gemeinde ein paar Kilometer südlich von Ascona auch Pläne für einen solchen See-Steg. Die Tessiner setzen darum alles daran, ihren Steg nächstes Jahr eröffnen zu können.

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