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Sonnenschutz-Trend in China Facekini: Verhüllt an den Strand

Ein für westliche Augen ungewöhnliches Kleidungsstück liegt in China im Trend: der «Facekini» – ein Bikini fürs Gesicht mit Sonnenschutz-Funktion. Denn dort gilt: Je heller die Haut, desto höher der Status.

Er sieht aus wie eine Sturmhaube aus Badeanzugmaterial: Der sogenannte Facekini besteht aus einem hautengen Stück Stoff, das über Kopf und Nacken gestülpt wird. Nur Augen, Mund und Nasenlöcher bleiben frei. Besonders kleidsam ist der Facekini nicht: Die Trägerinnen sehen ein bisschen aus wie Bankräuberinnen.

Aber der Facekini wurde auch nicht aus modischen Gründen erfunden, sondern aus praktischen: Er schützt das Gesicht vor der Sonne und vor schädlicher UV-Strahlung.

Verschiedene Personen in bunten Badeanzügen und Masken im Wasser.
Legende: Diese Ladies in Qingdao wissen, wie man cool bleibt – und zeigen ihre bunten Strandoutfits inklusive Facekini. Das Trendaccessoire schützt nicht nur vor der Sonne, sondern auch vor Quallenstichen und Algen. Getty Images/Kevin Frayer

2012 tauchte das Kleidungsstück erstmals an den Stränden von Ostchina auf. Rund um die Millionenmetropole Qingdao plantschten die Frauen in einer Kombination aus Badeanzug und Sturmhaube im Gelben Meer.

Helle Haut als Schönheitsideal

Heute ist der Facekini in China weitverbreitet: Es gibt ihn ganz schlicht in einzelnen Knallfarben, aber auch geblümt oder verziert mit Mustern. Zu ihren Facekinis tragen Chinesinnen oft UV-Schutzanzüge, die teilweise ebenfalls bunt gemustert sind. Kombiniert mit Sonnen- oder Schwimmbrille entstehen so exzentrische Schwimmoutfits.

Kein Wunder, dass auch internationale Modemagazine immer wieder über den Trend berichtet haben. In China sieht man den Facekini längst nicht mehr nur am Strand. Auch in der Hitze der Grossstädte tragen immer mehr Frauen eine abgespeckte Version der Sturmhaube: nämlich Masken aus UV-abweisenden Stoffen, die das komplette Gesicht bedecken. Dazu tragen viele Handschuhe, die bis zu den Schultern reichen, UV-Jacken, Schlapphüte und Sonnenschirme.

Radfahrer in blauer Gesichtsmaske fährt auf der Strasse.
Legende: Nicht nur am Strand, sondern auch in der Stadt – hier in Peking während einer Hitzewelle im Jahr 2019 – trotzt man der Sonne mit einem Ganzkörper-UV-Schutz-Look. Getty Images/Visual China Group

Was auf westliche Betrachterinnen extrem wirken mag, ist für chinesische Frauen Alltag im Kampf gegen die Sonne. Während es hierzulande als erstrebenswert gilt, möglichst braungebrannt aus dem Urlaub zurückzukehren, ist Sonnenbräune in China und weiten Teilen Asiens etwas, das Frauen um jeden Preis vermeiden möchten.

Denn helle Haut gilt als Schönheitsideal – und als Zeichen für Wohlstand und sozialen Aufstieg. Braungebrannt sind Feldarbeiterinnen oder Kurierfahrerinnen, die ihre Arbeit draussen unter der sengenden Sonne verrichten müssen. Nicht aber Frauen der Mittel- und Oberschicht, die ihr Geld in klimatisierten Büros verdienen.

Sturmhaube statt gefährlicher Cremes?

Viele Chinesinnen nutzen deshalb auch Cremes, die versprechen, die Haut aufzuhellen: Im Jahr 2023 belief sich der Umsatz von hautaufhellenden Kosmetika im asiatisch-pazifischen Raum auf knapp fünf Milliarden US-Dollar. Das ist etwas mehr als die Hälfte des weltweiten Umsatzes. Das zeigt eine Analyse von Fortune Business Insights.

Viele Aufhellungscremes enthalten giftige Inhaltsstoffe und können zu verschiedensten gesundheitlichen Problemen führen – von Narben über Entzündungen bis hin zu Nierenschäden. Im Gegensatz dazu sind Gesichtsmasken und Facekinis harmlos.

Facekinis als Frauen-Phänomen

Wer sich mit dem Look anfreunden kann, muss sich nur damit abfinden, dass man das kühle Meerwasser nicht auf Gesicht und Hals spürt. Getragen wird der Facekini in China übrigens fast ausschliesslich von Frauen.

Braungebrannt zu sein, tut der männlichen Schönheit anscheinend keinen Abbruch – und so lassen sich die Herren der Schöpfung beim Baden weiterhin die Sonne aufs Gesicht scheinen.

Radio SRF 2 Kultur, 100 Sekunden Wissen, 18.07.2025, 6:54 Uhr

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