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Spiritueller Reiseführer Das Emma Kunz Zentrum ist ein Kraftort – auch für Skeptiker

In der Gemeinde Würenlos steht ein bedeutender kultureller Leuchtturm, eine Oase der Ruhe. Ein Augenschein.

Ein Loch im Felsen soll ein Kraftort sein? Kraft von wem, für wen, warum und zu welchem Zweck? Es ist viele Jahre her, als ich zum ersten Mal in diese Grotte ging oder vielmehr ehrfürchtig und voller Neugier hineinwandelte. Ich wollte darüber berichten. Im Rucksack hatte ich – nebst meinem Mikrofon – vor allem Vorbehalte, Zweifel und Skepsis.

Ich setzte mich auf einen Stein und wartete. Nichts. War ich nicht sensibel genug? Hallo, rief mein Echo. Sonst nichts. Gedankenverloren malte ich mit meinem Fuss weite Kreise in den hellen Sand.

Ein Ort zum Sammeln und Verweilen

Dann aber war da dieses Licht, diese Stille, diese Farben, diese Ruhe, diese Abgeschiedenheit. Aus dem Loch im Felsen wurde so etwas wie ein Tempel. Ein Gefühl, dem ich in ganz anderen Augenblicken, an ganz anderen Orten dieser Welt, begegnet war: Damals in einem Naturschutz-Park in Schweden, wo wir in einen Sturm gerieten, sich die Birken ächzend krümmten und plötzlich ein ganzer Schwarm Wildgänse wehklagend in den Himmel aufstieg.

Vielleicht ist ein Kraftort genau das: Ein Ort, wo man sich – wie von selbst – sammelt und in diesem einzigen, ja einzigartigen Augenblick, verweilt.

Forscherin, Heilpraktikerin und Prophetin

Emma Kunz liess sich in diesem ursprünglich römischen Steinbruch im aargauischen Würenlos nach einer überlieferten Aussage «aufladen wie eine Batterie». Sie empfahl jedoch, nicht länger als 30 Minuten in der 12 Meter hohen Grotte zu bleiben. Wegen der Energieballung habe Emma Kunz besonders sensiblen Menschen zu dieser Zeit-Limite geraten.

Emma Kunz lebte von 1892-1963 in der Schweiz und war bekannt als Heilpraktikerin. Sie selbst bezeichnete sich als Forscherin. Heute hat sie durch ihr künstlerisches Werk internationalen Ruf erlangt. Schon während der Schulzeit befasste sich Emma Kunz mit aussergewöhnlichen Erscheinungen.

eine Frau in ihrem Atelier.
Legende: Eine Frau, ein Lineal und unendlich viele geometrische Formen: Emma Kunz vor ihrem Arbeitstisch, 1953. Staatsarchiv Appenzell Ausserrhoden/Fotograf: Werner Schoch

Mit 18 Jahren begann sie ihre Begabungen in Telepathie, Prophetie und als Heilpraktikerin zu nutzen und fing an zu pendeln. Mit ihren Ratschlägen und Therapien erzielte sie Erfolge, die oft an Wunder grenzten. Emma Kunz lehnte die Bezeichnung «Wunder» ab. Sie schrieb sich die Fähigkeit zu, Kräfte zu aktivieren, die in jedem Menschen schlummern.

Kunst war ihre Antwort

Plötzlich passen auch die seltsam symmetrischen Bilder von Emma Kunz dazu, die im nahegelegenen Museum zu sehen sind. Im Weltverständnis von Emma Kunz hatte jede Farbe und Form eine präzise Bedeutung. Es heisst, die Bilder hätten ihr als Antwort auf der Suche nach Erkenntnis gedient.

Sie sah ihre Bilder als begehbare Räume – aufklappbar und zuklappbar. Sie hätten ihr verschlüsselte Antworten auf unzählige Fragen eröffnet. Diese konnten geistiger oder philosophischer Natur sein oder die Ursache und Lösung einer Krankheit beinhalten.

Eine Zeichnung aus bunten Strichen.
Legende: «Werk. Nr 168» aus dem Jahr 1942. Emma Kunz fertigte ihre grossformatigen Bilder unter anderem mit ihrem Pendel. KEYSTONE/Handout Kunsthaus Zuerich

Ihre Bilder haben mich an Sandmandalas erinnert, die von tibetischen Mönchen nach einer strengen Ordnung und tagelangem Versunkensein, gestreut werden. Diese werden rituell wieder zerstört, um die Vergänglichkeit des Seins zu symbolisieren.

Loslassen, um frei zu sein

Auch die Mönche, die einst im Völkerkundemuseum in Zürich zu Gast waren, hatten das getan. Ich erinnere mich noch gut an das bedauernde Raunen, das durch die Menschenmenge ging, als die Mönche das farbenprächtige Bild zu einem bunten Haufen zusammenwischten. Wir alle hatten es wohl nicht wirklich verstanden. Wir wollten es erhalten, statt loszulassen und frei zu sein.

Als ich diesen gelb-trockenen Tempel wieder verliess, verwischte ich mit dem Fuss noch rasch meine kreisförmigen Muster im Sand und machte somit Platz für die nächsten.

Die SRF-Sommerserie «Spiritueller Reiseführer»

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Religiöse Orte können ohrenbetäubend laut sein oder so still, dass man den eigenen Atem hört. Um sich spirituell bereichern zu lassen, reisen manche um die halbe Welt, anderen genügt ein Spaziergang vor der Haustür. Oft findet man die besten Geschichten dort, wo man nicht danach gesucht hat.

Der spirituelle Reiseführer von SRF Kultur regt dazu an, sich auf die Reise zu machen.

SRF 1, Sternstunde Religion, 07.08.2022, 10:00 Uhr

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