Was haben das «Unspunnenfest», der «Räbeliechtli-Umzug» und der «Töfftreff in Hauenstein» gemeinsam? Sie alle dürfen sich offiziell Schweizer Tradition nennen.
Vor Kurzem ergänzte das Bundesamt für Kultur die «Liste lebendiger Traditionen» um 34 Bräuche – insgesamt 199 helvetische Eigenheiten sind nun dort aufgeführt.
Zehn neue Bräuche, über die wir uns freuen:
Beginnen wir so richtig laut: Die «Zürcher Technokultur» ist die überraschendste unter den neuen Traditionen.
Ob wohl das Raven an der «Street Parade» nun auch zum Volkstanz zählt?
Schweizer schwimmen mit dem Strom
Pünktlich zum Hochsommer wurde das «Aareschwimmen» zur Schweizer Tradition gekürt. Wurde auch Zeit, nachdem das «Schwimmen im Rhein» mit diesem Prädikat bereits ausgezeichnet wurde.
Wir lernen: Traditionsbewusste Schweizerinnen schwimmen mit dem Strom. Wer lieber im See plantscht oder sich in der Badi vergnügt, muss sich bis zur offiziellen Anerkennung noch etwas gedulden.
Zürich hat neben Zünften auch Gärten
Einige Zürcher dürften betüpft sein, dass die Limmat übergangen wurde. Doch auch Urzürcherisches landete auf der Liste der Traditionen. Die Rede ist nicht vom «Sechseläuten» – das steht dort längst. Sondern: vom Zürcher «Stadtgärtnern» und den «Wohnbaugenossenschaften» .
Wer seinen Dachgarten beackert und in der geteilten Wohnküche Fair-Trade- Babyccinos aufschäumt, darf also zu Recht seine Swissness propagieren. Eine ironisch gemeinte, natürlich.
Schwingen im Schlamm
Schlammschlachten und Sonnenbrand, Toi-Toi-Toiletten und Tinnitus: Auch das hat nun hierzulande Tradition. Eindrückliche Bilder der «Open-Air-Festival-Kultur» dringen etwa alle Jahre wieder aus dem Sittertobel zu uns.
Manche Schlammtänze erinnern entfernt ans herkömmliche Schwingen. Doch wer bei der neuen helvetischen Disziplin den «Hoselupf» wagt, wird garantiert durch den Dreck gezogen.
Glücklich, wer da was versteht
Neben Traditionsklassikern wie «Pschuuri» und «Woldmanndli» reihen sich nun weitere Bräuche ein, die wohl nur Eingeweihte verstehen. Was bitte hat es mit diesem «Chlefele» und «Platzgen» auf sich?
«Platzgen» ist eine Schweizer – pardon: Berner – Sportart, bei der der «Platzgen» den «Schwirren» im «Ries» treffen muss. Oder: eine Metallscheibe einen Eisenstab in einem abgeschrägten Lehmkreis.
Beim Schwyzer «Chlefele» hingegen geht es um zwei Holzplättchen, Fingerfertigkeit und Rhythmusgefühl:
Ein Fest für die «Fahrenden»
Als Schweizer Brauch gilt nun auch die «Fecker-Chilbi» , das Fest der «nomadischen Kultur der Schweizer Jenischen und Sinti».
Ein symbolisch wichtiger Entscheid: Sinti und Jenische wurden erst letzten Herbst offiziell als nationale Minderheit anerkannt . Nur noch zehn Prozent leben als Fahrende.
Geschmolzener Käse trifft auf Geselligkeit
Schmelzender Käse allein macht noch keine Tradition: Aber «Raclette comme practique sociale» , also das soziale Interagieren rund ums Raclette-Öfeli, gilt nun auch als Brauchtum. Praktiziert wird's überall in der Schweiz, zugerechnet wird's dem Wallis.
Die Freiburger Tischrunde «autour d' une fondue» ist übrigens auch schon Tradition. Und wer sich gerne ein Glas Wein zum Käse gönnt, den wird es freuen, das auch die «Schaffhauser Weinkultur» auf der Liste der lebendigen Bräuche steht.
Irgendwo zwischen Italien und der Schweiz
Ein weiterer Traditions-Neuling aus dem Reich der Schweizer Kulinarik: Das Tessiner und Bündner «Grotto», Inbegriff der helvetischen Italianità. Der Name kommt von den Höhlen, in denen früher Lebensmittel gelagert wurden. Ein wenig rustikaler Charme ist bis heute geblieben. Salute!
Das Jodeln ist nun auch Brauch
Alphorn, Schwingen, Jodeln – diese Schweizer Bräuche würden wohl den meisten als erstes einfallen. Umso erstaunlicher, dass bis vor Kurzem erst zwei der drei auf der Liste der offiziellen Traditionen standen.
Nun wurde das Versäumnis korrigiert: Auch «Naturjodel und Jodellied» dürfen sich nun offiziell eine hiesige Tradition nennen. Höchste Zeit, den Unterschied zwischen «Zäuerli» und Ruguuseli» zu üben.
Welche Traditionen liegen Ihnen am Herzen?
Erzählen Sie uns in der Kommentarspalte von Ihrem Lieblingsbrauch!
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktuell, 29.6.17, 15:32 Uhr