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Verbot von Tierversuchen Neue Initiative will Tierversuche komplett verbieten

Heute Montag ist die eidgenössische Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot» eingereicht worden.

Tierversuche sollen komplett verboten werden – und auch sämtliche medizinische Versuche am Menschen: Dies fordert die eidgenössische Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot». Heute Montag wurde sie mit gut 120'000 Unterschriften bei der Bundeskanzlei in Bern eingereicht.

Hinter der Initiative steht eine Gruppe aus dem Umfeld von kleineren Tierrechtsorganisationen und der Alternativmedizin. Es sind die zum Teil gleichen Initianten, die schon vor knapp 30 Jahren ähnliche Forderungen stellten.

Frühere Initiativen scheiterten

So forderte der Schweizerische Tierschutz schon 1992 «Weg vom Tierversuch»: Tierversuche sollten nur noch erlaubt werden, wenn sie unbedingt nötig sind. Das Stimmvolk lehnte die Initiative relativ knapp ab.

Radikaler waren zwei Versuche 1985 und 1993: Sie forderten ein totales Verbot von Tierversuchen. Beide scheiterten deutlich.

Wie viele Tierversuche gibt es in der Schweiz?

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Die aktuellsten Zahlen zu Tierversuchen in der Schweiz stammen aus dem Jahr 2017. Damals wurden knapp 615'000 Mäuse, Ratten, Vögel, Fische und andere Tiere für Versuche eingesetzt. Das sind gut 15'000 Tiere weniger als 2016.

In den letzten Jahren hat sich diese Zahl stabilisiert. Noch vor 35 Jahren waren es aber drei Mal so viele Tierversuche.

Verändert hat sich auch die Durchführung: War es bis 2011 noch meist die Pharmaindustrie, die Tierversuche einsetzte, sind es heute mehrheitlich Universitäten und Spitäler.

Als Versuchstiere werden zu 64 Prozent Mäuse eingesetzt – neu immer mehr gentechnisch veränderte. Zellbiologen und Krebsforscher lassen sie bereits mit einem bestimmten Krankheitsbild zur Welt kommen. Möglich machen das verfeinerte genetische Werkzeuge.

Keine Tiere werden mehr verwendet, um kosmetische Produkte zu testen. Dafür gibt es heute Alternativen – etwa Zellkulturen.

Seit 2018 Jahr setzt sich ein Kompetenzzentrum namens 3RCC dafür ein, solche Ersatzmethoden verstärkt zu entwickeln und zu vermitteln. Dabei gibt es noch einiges zu tun: Eine Umfrage von vergangenem Dezember hat gezeigt, dass erst gut die Hälfte der befragten Wissenschaftler Strategien einsetzt, um die Anzahl Versuchstiere zu reduzieren.

Zahlen zu Tierversuchen in der Schweiz finden Sie hier .

Cathrin Caprez

Tierversuche als Verbrechen

In den letzten Jahrzehnten habe ein Umdenken eingesetzt, glaubt Renato Werndli, Co-Präsident der IG Tierversuchsverbots-Initiative: «Die Bevölkerung merkt, dass Krankheiten wie Diabetes, Krebs oder Alzheimer trotz Tierversuchen immer häufiger werden.» Jetzt müsse deshalb etwas Neues kommen.

Zudem habe sich das Verhältnis zum Tier verändert: Es gelte juristisch nicht länger als Sache. Damit würden Tiere als empfindungs- und leidensfähige Wesen anerkannt.

Mit der Initiative wolle man Tierversuche vollständig abschaffen. Solche seien Verbrechen, deshalb die Schlussfolgerung: «Verbrechen muss man nicht regulieren, sondern verbieten.»

Zu radikal für den Schweizer Tierschutz

Die Forderungen gehen selbst dem Schweizer Tierschutz zu weit. So sieht die Initiative auch ein Importverbot für Produkte vor, die im Ausland mittels Tierversuchen getestet wurden.

Zwei schwarze Mäuse in einem Käfig.
Legende: Rückläufig: Vor 35 Jahren gab es in der Schweiz noch dreimal so viele Tierversuche wie heute. Keystone

Das würde die Schweiz komplett isolieren, fürchtet Julika Fitzi, Leiterin der Fachstelle Tierversuche beim Schweizerischen Tierschutz: «Die Initiative führt zu Konsequenzen, die wir nicht vertreten können.» Etwa eine wirtschaftliche oder geografische Abschottung.

Gerade in der Tiermedizin und in der Verhaltensforschung brauche es weiterhin Tierversuche. Für die Humanmedizin dagegen seien Tierversuche wenig aussagekräftig. Da brauche es Versuche am Menschen selber.

Menschenversuch oder nicht?

Doch genau solche Versuche will die Tierversuchsverbotsinitiative ebenfalls verbieten. Renato Werndli, selber Arzt, sieht darin keinen Widerspruch: Die Initiative verbiete Versuche an gesunden Menschen – Therapien an Kranken dürften weiterhin erprobt werden.

«Wenn man neue Medikamente vorsichtig und mit Microdosing anwendet, ist das für uns eine Anwendung und kein Menschenversuch», sagt Werndli.

Kein Geld für Alternativmethoden

Zentral wären bei einer Annahme die Alternativen zu Tierversuchen – und die gebe es auch, sagt Julika Fitzi vom Schweizer Tierschutz. Etwa Literaturstudien, Computersimulationen oder Forschung an Zellkulturen.

Die Schweiz unterstütze solche Methoden aber weniger als Tierversuche. «Alternativmethoden müssen mindestens die gleiche staatliche Unterstützung bekommen wie Tierversuche. Das ist eines unserer grössten Anliegen», sagt Fitzi. Hier haben die etablierten Tierschutzorganisationen und das Initiativkomitee die gleiche Meinung.

Vorstösse aus dem Parlament

Gleichzeitig tut sich auch bei den Behörden etwas: Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen will nicht zur Initiative Stellung nehmen, verweist aber auf deutlich gesunkene Tierversuchs-Zahlen.

Das Parlament wird sich zudem bald mit zwei Vorstössen der Grünen Nationalrätin Maja Graf befassen. Sie fordern ein Verbot von schwer belastenden Tierversuchen und die bessere Förderung von Ersatzmethoden.

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