Albumtipp
Meisterwerk für jede Musiksammlung: Als Katie Crutchfield vor vier Jahren ihr letztes Album «Saint Cloud» veröffentlichte, katapultierte sie sich damit in den siebten Indie- und Alt-Country-Himmel. Nun krallt sich die US-Songwriterin aus Kansas City, dank paradiesischen Backing Vocals und noch raffinierterem Songwriting, sogar den Schlüssel zum achten Himmel. Wenn jemand den Platz in den Jahresbestenlisten schon jetzt sicher hat, dann ist es «Tigers Blood» von Crutchfields Band Waxahatchees: Meisterwerk! (Luca Bruno)
Kinotipp
Hopkins als heimlicher Held: Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges rettet ein Brite 669 jüdische Kinder vor den Nazis, indem er sie mit dem Zug aus der besetzten Tschechoslowakei nach England bringt. «One Life» erzählt die wahre Geschichte des Wohltäters Nicholas Winton, der 50 Jahre lang unbekannt geblieben war, bis eine TV-Sendung ihn berühmt machte. In der Hauptrolle des bewegenden Filmes glänzt Anthony Hopkins. Er gibt Winton als liebenswürdigen und störrischen Rentner, der seine Geschichte erzählen, aber nicht als Held gefeiert werden will. (Andres Hutter)
Literaturtipp
Fesselnde Fabel aus Flandern: Es kommt als Jugendbuch daher, «Der ehrliche Erfinder» ist aber genauso für Erwachsene. Jimmy ist ein hervorragender Schüler. Und er ist einsam. Bis Tristan in sein Leben tritt. Dieser hat einen Krieg und eine Flucht nach Belgien hinter sich. Jimmy erhält die Aufgabe, Tristan durch das Schuljahr zu begleiten. Doch dann droht Tristans Familie die Ausschaffung. Die flämische Autorin Lize Spit spinnt eine fesselnde Geschichte über Freundschaft, Fantasie und Verzweiflung . Die Spannung steigt – bis zur allerletzten Seite. (Lea Dora Illmer)
Bühnentipp
Tägliche Traufen einer Medizinerin: Man kann denken, alles richtigzumachen, und doch das Falsche tun. So geht es der titelgebenden Ärztin in Robert Ickes Drama: Sie will zum Wohl einer Patientin handeln und kommt in Teufels Küche. Icke greift für Die «Ärztin» auf ein Stück von Arthur Schnitzler zurück und überschreibt es mit aktuellen Konfliktlinien: soziale Rollen und Darstellungen, Identitäts-Diskurse. Regisseur Sebastian Schug inszeniert in Luzern ohne äusserlichen Aufwand, genau und feinhörig bis ins Detail. Dadurch erhalten die Figuren jede für sich viel Wahrheit, und das macht die Sache richtig spannend. Das Dilemma wird nicht aufgelöst. In Luzern steht es mit kristallklarer Schroffheit vor uns. (Andreas Klaeui)
Konzerttipp
Atmosphäre des Amazonas: Amaro Freitas gehört zu den Pionieren der jungen, brasilianischen Jazzszene. Der Pianist vermischt gekonnt Jazzelemente mit Rhythmen aus seiner Heimat. Virtuose Finger und eine grosse Farbpalette prägen sein Spiel und doch steht immer das Stück im Zentrum. So scheut er auch den Minimalismus nicht, wenn die Musik dazu verlangt. Seine Musik strahlt Leichtigkeit und Wärme aus. Anfang März erschien sein neues Album «Y’Y», dessen Tracks mit indigenen Einflüssen in den Amazonas einladen. (Luka Koch)