Geografische Karten werden meistens als Realität angeschaut. Ihre Ausstellung lade dazu ein, sich künstlerisch auf Abwege zu begeben, sagt Museumsleiterin Manuela Hitz.
Für die Ausstellung haben acht Kunstschaffende einen etwas anderen Blick auf den Wahrheitsanspruch von Karten geworfen. Sie alle hinterfragen, wie wir die Welt in ihrer Gestalt wahrnehmen, wie wir uns darin positionieren und durch unser Sein und Tun nicht nur den Blick auf die Karte, sondern auch die Karte selbst verändern.
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Bild 1 von 3. Was, wenn es beim Verorten gar nicht so sehr um einen konkreten Platz, sondern ein Gefühl geht? Die Künstlerin Julia Krause-Harder hat eine Weltkarte aus Stoff geschaffen. Im Musée Visionnaire hängt jedoch ausschliesslich Afrika. Bildquelle: Julia Krause-Harder/Musée Visionnaire.
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Bild 2 von 3. Vom Kleinen ins Grosse: Die Fantasie-Planeten von Dani Schwander erinnern an die Illustrationen des Kleinen Prinzen, der mit seiner geliebten Rose auf dem Asteroiden B612 lebt. Bildquelle: Dani Schwander/Musée Visionnaire.
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Bild 3 von 3. Das Kollektiv «Build the Earth» möchte im Computerspiel Minecraft die ganze Welt nachbauen. So wurde auch die Aussenansicht des «Musée Visionnaire» in Zürich nachgebaut. Bildquelle: Build the Earth/Musée Visionnaire.
Zum Beispiel Julia Krause-Harder: Mit Textilien hat sie aus dem Gedächtnis eine Weltkarte nachgebildet, im Massstab eins zu 1.3 Millionen. Da thront beispielsweise ein überwältigendes genähtes, gestricktes und gehäkeltes Afrika an der Museumswand.
Die Frage nach der Position
Daneben das komplette Gegenteil von Dani Schwander: Eine Galaxie hängt von der Decke. Beziehungsweise kleine, filigrane Fantasie-Planeten aus Malerklebeband. Der Kleinste ist gerade mal so gross wie ein Fingernagel, so gross – oder eben klein – kann unser Universum sein.
Das Kollektiv «Build The Earth» hat es sich zum Ziel gesetzt, im Computerspiel Minecraft die Welt, in der wir leben, nachzubauen. Paris mit dem Eiffelturm, das Grossmünster von Zürich – in Pixelästhetik.
Und das Kunstkollektiv «Rimini Protokoll» lotet die Frage nach Position und Verortung mithilfe eines indischen Callcenters aus, in einem interkontinentalen Theaterstück. Davon gibt es einen Film zu sehen in der Ausstellung.
Die Schweiz nach Gefühl zeichnen
Dass die Welt für jede Person gefühlsmässig anders aussieht, zeigen Zeichnungen von 100 Menschen: Sie alle haben die Umrisse der Schweiz auf ein Papier gezeichnet. Wer Verwandte in Genf hat, hat vielleicht den Zipfel am Ende des Genfer Sees gut hinbekommen. Wer in Schaffhausen wohnt, hat wohl den «Büschel» im Norden nicht vergessen. Auch wenn kartographisch nicht korrekt, zeigen die Darstellungen emotionale Wahrheiten.
Die Ausstellung «Landssichtssache» hinterfragt spielerisch Denkmuster: Wann ist die vermeintliche Wirklichkeit wirklich die Wirklichkeit? Und wessen Wirklichkeit ist es? Wann ist etwas genau, und wann gehen wir Dingen auf den Leim, vielleicht gerade, weil sie so genau zu sein scheinen? Wer «Landsichtssache» besucht, schaut künftig anders auf Karten.