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Schwägerin Johanna Bonger Die Frau, die van Gogh zur Ikone machte

Vincent van Goghs Schwägerin Johanna Bonger brachte den Maler postum zu weltweitem Ruhm.

Als Vincent van Gogh 1890 seinem Leben mit nur 37 Jahren ein Ende setzt, kennt ihn niemand. Seinen Nachlass erbt Johanna Bonger, die Ehefrau seines 1891 verstorbenen Bruders Theo. In ihrem Haus in der Nähe von Amsterdam stapelt sie 900 Gemälde.

Johanna Bonger hat Vincent van Gogh zu Weltruhm verholfen. Dabei hat sie den Maler in ihrem Leben nur dreimal getroffen.

Portrait einer Frau mit Kurzhaarschnitt
Legende: Johanna Bonger, gemalt von ihrem zweiten Ehemann Johan Cohen Gosschalk. Gemeinfrei

In ihrem Tagebuch erinnert sie sich an die erste Begegnung: «Ich hatte einen kranken Mann erwartet, aber da stand er: kräftig, breitschultrig, mit einem gesunden Teint und einem breiten Lächeln auf den Lippen. Es scheint ihm gutzugehen. Er ist sogar bei besserer Gesundheit als Theo.»

Ein unzertrennliches Brüderpaar

Theo und Vincent van Gogh verbindet zeitlebens eine grosse Vertrautheit. Als Vincent mit 26 beschliesst, Künstler zu werden, schliessen die beiden Brüder einen Pakt: Theo, der Kunsthändler, finanziert Vincent, den Maler. Im Gegenzug überlässt Vincent ihm seine Gemälde.

Zwei Gemälde, die die Büsten von Vincent und THeo von Gogh zeigen hängen an einer Museumswand.
Legende: Künstler und Händler: Vincent (links) und Theo van Gogh (rechts) ergänzen sich gut – der Durchbruch gelingt den beiden zu Lebzeiten aber nicht. AP Photo/Lefteris Pitarakis

In ihrem Tagebuch schreibt Johanna Bonger: «Theo hat mir viel über Kunst beigebracht. Neben unserem Sohn hat er mir eine weitere Aufgabe hinterlassen: Vincents Werk. Es zu zeigen und dafür zu sorgen, dass es so viele Menschen wie möglich überzeugt».

Die Frau muss es richten

Bonger ist weder Malerin noch Kunstkritikerin. Nichts prädestiniert die 27-Jährige für diese schwierige Aufgabe. Die damalige Meinung zu van Gogh ist nicht hoch: Die Farben seien grell, die Pinselstriche unpräzise und der Farbauftrag vulgär. Er gilt als schlechter Zeichner und schwieriger Charakter.

Nachdem die Van-Gogh-Brüder kurz nacheinander verstorben sind, kontaktiert Bonger den einflussreichen Kunstkritiker Jan Veth: «Ich hoffte, dass er sie auch mögen und mir helfen würde, aber er sagte mir offen, dass er nicht viel in den Bildern sehe. Ich werde nicht ruhen, bis auch er Vincents Werke zu schätzen weiss».

Das Leben der Johanna Bonger

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  • 4. Oktober 1862: Geburt in Amsterdam.
  • 1889: Johanna Bonger heiratet Theo van Gogh, den Bruder von Vincent van Gogh.
  • 31. Januar 1890: Ihr Sohn Vincent Willem wird geboren.
  • 29. Juli 1890: Vincent van Gogh setzt seinem Leben ein Ende.
  • 25. Januar 1891: Johanna Bongers Ehemann Theo stirbt. Sie erbt den Nachlass der Brüder.
  • August 1891: Johanna Bonger kontaktiert die Kunstkritiker Richard Roland Holst und Jan Veth zum ersten Mal und stösst auf Desinteresse.
  • März 1892: Sie kontaktiert die Kunstkritiker zum zweiten Mal, dieses Mal mit den Briefen von Vincent und Theo van Gogh.
  • 1892: Die erste grosse Ausstellung mit Vincent van Goghs Werken wird organisiert.
  • 1905: Es folgt der Höhepunkt mit einer Ausstellung von Vincent van Goghs Werken im Stedelijk Museum Amsterdam.
  • 1906: Der Briefwechsel zwischen Vincent und Theo van Gogh wird veröffentlicht.
  • 2. September 1925: Johanna Bonger stirbt in Laren in Nordholland.

Johanna Bonger gibt nicht auf. Sie klopft bei Richard Roland Holst an, einem weiteren namhaften Kritiker. Der bezeichnet sie als «reizendes Fräulein», ist aber genervt von ihrem «Schulmädchengeschwätz». Johanna Bonger, die ausgezeichnete Pianistin mit einem Abschluss in englischer Literatur, wird in der Kunstwelt nicht ernst genommen.

Mit Briefen zum Erfolg

Alles ändert sich, als Bonger in einer Kiste auf dem Dachboden die Briefe von Theo und Vincent van Gogh findet. Die Korrespondenz ist liebevoll. Mit vielen Skizzen versehen, beschreibt Vincent dem Bruder die Entstehung seiner Gemälde. Bonger liest die Briefe immer und immer wieder. Sie kommt zur Überzeugung: Bilder und Briefe gehören zusammen. Sie sind der Schlüssel zu Vincent van Goghs Malerei.

Sie gibt dem Kritiker Richard Roland Holst einige Briefe. Kurz darauf ändern die Kritiker Veth und Holst ihre Meinung über van Goghs Werke. 1892 organisiert Johanna Bonger in Amsterdam die erste grosse Ausstellung über Vincent van Gogh: mit 85 Gemälden, 20 Zeichnungen. Kuratiert wird sie von Richard Roland Holst. Johanna überlässt den Erfolg der Ausstellung den Männern, sie wird nicht einmal im Katalog erwähnt.

Aus dem Schatten ins Rampenlicht

Ab diesem Zeitpunkt kommt niemand mehr an Johanna Bonger, der Vertreterin von Vincent van Goghs Werken, vorbei. Die kluge Strategin legt die Preise sorgfältig fest und lässt sie steigen.

Bonger entwickelt sich zur Geschäftsfrau. Es folgen Ausstellungen auf der ganzen Welt: Von Berlin bis Paris hat sich die Erbin endlich in allen Hochburgen der modernen Kunst einen Namen gemacht.

SRF 1, Sternstunde Kunst, 27.08.2023, 12:00 Uhr

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