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Kunst als Geschenk - zum Tod von Christo
Aus Echo der Zeit vom 01.06.2020. Bild: Keystone
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Zum Tod von Christo Für jeden Baum entwarf er eine eigene Hülle

Verhüllte Bäume in Riehen, die verpackte Kunsthalle in Bern: Christos Schweizer Projekte waren spektakulär – und verraten viel über die Arbeitsweise des verstorbenen Künstlers.

Nicht nur in Berner Kunstkreisen spricht man noch heute davon: Die Verhüllung der Kunsthalle Bern 1968 war eine der ersten grossen Gebäudeverhüllungen, mit denen Christo und seine Frau Jeanne-Claude auf sich aufmerksam machten.

Das Paar – beide waren am 13. Juni 1935 geboren worden, er in Bulgarien, sie in Marokko – hatte sich kurz zuvor in New York angesiedelt und war dabei, die internationale Kunstwelt zu erobern.

Die Verpackungskunst von Christo

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Christo, geboren am 13. Juni 1935 in Bulgarien als Christo Wladimirow Jawaschew, war der Meister des Verpackens und Verhüllens: Gebäude, Brücken, ganze Küstenstreifen hat der Künstler gemeinsam mit seiner Frau Jeanne-Claude verpackt und verschnürt – in glänzende Stoffe mit kräftigen Farben.

Spektakulären Aktionen in Japan und den USA, in Paris, Berlin und der Schweiz machten das Paar weit über Kunstkreise hinaus berühmt. Am Sonntag 31. Mai 2020 ist Christo im Alter von 84 Jahren gestorben.

Die Kunstwelt suchte damals nach neuen, aufregenden Ansätzen abseits des bürgerlichen Kunstgeschmacks. Christo und Jeanne-Claude waren 1968 an der documenta in Kassel dabei. Im November des selben Jahres verhüllten sie die Kunsthalle Bern, die damals vom heute legendären Kurator Harald Szeemann geleitet wurde.

Ein Gebäude ist in weisse Tücher gehüllt.
Legende: Ein Meilenstein im Werk von Christo und Jeanne-Claude: die verhüllte Kunsthalle Bern, 1968. Keystone / Photopress-Archiv / Joe Widmer

Die Verhüllung der Kunsthalle Bern gilt als Markstein im Werk von Christo und Jeanne-Claude. 30 Jahre später, im Herbst 1998, kamen sie noch einmal in die Schweiz. Diesmal nach Riehen bei Basel.

32 Jahre Vorbereitungszeit

Im Park der Fondation Beyeler verhüllten sie 178 Bäume. Eine Arbeit, für die Christo und Jeanne-Claude 32 Jahre Vorbereitungsarbeit geleistet haben.

Christos Verpackungsaktionen waren grundsätzlich sehr vorbereitungsintensiv. Gespräche, Bewilligungen, Organisation – das alles kostete viel Zeit.

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Aus dem Archiv: Verhüllte Bäume in Riehen (NeXt, 22.11.1998)
Aus Kultur Extras vom 17.06.2017.
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Gerade wenn Christo und Jeanne-Claude markante Gebäude – wie die bereits genannte Kunsthalle Bern oder 1995 den Reichstag in Berlin – verhüllen wollten, brauchte es oft viel Überzeugungsarbeit.

Nicht alle freuten die Aktionen

Nicht immer und überall stiessen ihre Ideen auf offene Ohren. Manchmal hiess es einfach Abwarten bis ein entschiedener Gegner oder eine überzeugte Gegnerin eines Projekts aus dem Amt ging.

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Kulturredaktorin Alice Henkes über Christo
aus Kultur-Aktualität vom 02.06.2020. Bild: Keystone / Alexandra Wey
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Die Verhüllung des Reichstags in Berlin beispielsweise plante Christo seit den frühen 1970er-Jahren. Rund ein Vierteljahrhundert dauerte es, bis Christo und Jeanne-Claude das sensationelle Projekt umsetzen konnten.

Für jeden Baum ein eigenes Schnittmuster

Nicht nur die Administration war aufwendig. Auch die praktische Ausführung der Projekte musste genau geplant werden. Hunderte von Helfern arbeiteten am Verhüllen und Verschnüren mit.

Verhüllte Bäume.
Legende: Massgeschneiderte Baumhüllen: Die «Wrapped Trees» im Park der Fondation Beyeler, 1998. KEYSTONE / MARKUS STUECKLIN

Bei den «Wrapped Trees» im Park der Fondation Beyeler wurden die Bäume in silbergraues Polyestergewebe eingehüllt – und es gab für jeden Baum ein eigenes Schnittmuster.

Unabhängigkeit war Christo wichtig

Und – last but not least – musste auch immer noch die Finanzierung geklärt werden. Christo und Jeanne-Claude legten sehr viel Wert darauf, ihre Projekte durch Verkäufe von Drucken, Fotos oder durch Unterstützung von Sammlern und privaten Förderern zu finanzieren – und nicht mit Sponsoren aus der Welt der Unternehmen oder staatlichen Subventionen.

Zwei Schweizer Ausstellungen – 2009 in der Fondation de l‘Hermitage in Lausanne und 2004 im Kunsthaus Pasquart in Biel – zeigten, wie das Duo kleinere Arbeiten nutzte, um damit ihre Grossprojekte zu finanzieren.

Und um so unabhängig zu bleiben. Christo hat damals an der Medienkonferenz in Lausanne deutliche Worte gefunden: Er möchte nicht, dass an einem seiner Verhüllungsprojekte ein Coca-Cola-Banner klebt. Diesem Prinzip ist er treu geblieben.

SRF 1, Tagesschau am Mittag, 1.6.2020, 13:00 Uhr

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