Für den grossen Thomas Mann war die Schweiz Feriendestination, Exil und Heimat. Ein Blick auf die Orte, die der Schriftsteller so liebte – und an denen er seine Spuren hinterlassen hat.
1. Davos
Dem Luftkurort setzte Thomas Mann ein literarisches Denkmal. 1924 veröffentlichte er den opulenten Wälzer «Der Zauberberg», der in einem Sanatorium in Davos angesiedelt ist.
1912 reiste Ehefrau Katia für eine Liegekur nach Davos. Thomas Manns Besuch im Kurhotel inspirierte ihn zu seinem Bestseller über die dekadente Gesellschaft von Kranken. In Davos buhlen heute das Hotel Schatzalp und das Waldhotel Davos darum, der «wahre» Zauberberg zu sein.
2. Arosa
Die Bündner Berge hatten es den Manns angetan. Auch Arosa war ein beliebtes Reiseziel von Thomas und Katia Mann. Im Waldhotel gehörten sie zu den Stammgästen. Hier verbrachten sie 1933 ihre Winterferien. Doch während sie die Tage im Schnee bei «reinster Himmelsbläue» geniessen wollten, erreichte in Deutschland der Naziterror einen ersten Höhepunkt.
Thomas Mann gehörte schon damals zu den prominentesten Gegnern des Nationalsozialismus. Eine Rückkehr nach Deutschland bedeutete für ihn plötzlich Lebensgefahr. So wurde Arosa zum ersten Exil der Familie Mann.
3. Die Gold- und Pfnüselküste
1933 war Thomas Mann dazu gezwungen, ein neues Zuhause zu finden. Nach einer Station in Frankreich zogen die Manns nach Küsnacht am Zürichsee, wo sie bis 1938 lebten. Es folgten mehrere Jahre in den USA bis zur Rückkehr nach Europa 1952.
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Bild 1 von 5. Thomas Mann im Jahr 1935 – an seinem 60. Geburtstag – in seinem Arbeitszimmer in Küsnacht. Im Ort am Zürichsee lebten die Manns bis zur Ausreise in die USA 1938. Bildquelle: Keystone/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str.
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Bild 2 von 5. Als die Manns 1952 aus dem amerikanischen Exil nach Europa zurückkehrten, wohnten sie eine Zeit lang in diesem Haus in Erlenbach ZH. (um 1960). Bildquelle: Keystone/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str.
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Bild 3 von 5. Auch hier, in der Glärnischstrasse 12 in Erlenbach richtete sich Thomas Mann ein Arbeitszimmer ein. (1953). Bildquelle: Keystone/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str.
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Bild 4 von 5. 1954 kauften die Manns ein Haus in der Alten Landstrasse im Ort Kilchberg am Zürichsee. Hier lebte der Schriftsteller bis zu seinem Tode. Bildquelle: Alinea/Wikimedia Commons.
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Bild 5 von 5. Die letzte Ruhestätte: Das Grab von Thomas und Katia Mann liegt auf dem reformierten Friedhof in Kilchberg ZH. Bildquelle: Keystone/Eddy Risch.
Die Schweiz wurde zum Land der «wiederholten Emigration». Die Manns übersiedelte zuerst nach Erlenbach bei Zürich und kauften 1954 auf der gegenüberliegenden Seeseite in Kilchberg eine Villa. Hier lebte Mann bis zu seinem Tod 1955. Sein Grab auf dem Friedhof in Kilchberg kann man bis heute besuchen.
4. ETH Zürich
Thomas Manns enge Verbindung zu Zürich bescherte ihm eine Ehrendoktorwürde der Naturwissenschaften, verliehen von der ETH. Über die Auszeichnung freute sich Thomas Mann besonders: «Schlecht gerechnet sind es wohl 12 oder 14 Ehrendoktorate der Philosophie und Literatur, die ich besitze; aber alle zusammen machen mir nicht so viel Spass, im höchsten Sinne des Wortes, wie dieses eine, originelle, schweizerische.»
Als Thomas Mann verstarb, schenkte seine Familie den Nachlass der Schweiz. Er liegt bis heute in der ETH im Thomas-Mann-Archiv. Eine Dauerausstellung zeigt das Leben und Werk des Nobelpreisträgers anhand seiner Bibliothek und zahlreicher Gegenstände.
5. Die «Provinz»
Manns Verbindungen zur Schweiz reichen bis in seine frühesten Jahre. Die Flitterwochen 1905 verbrachten Thomas und Katia Mann in Zürich – ebenso war die Schweiz Ziel zahlreicher Lese- und Vortragsreisen.
Die Touren führten ihn auch in die Schweizer «Provinz», wie Thomas Mann es formulierte: «Ich war überall: in Baden, in Winterthur (drei Sterne seinem Namen! Es war reizend dort […]), in dem köstlichen St. Gallen, dem erinnerungsvollen Solothurn, dessen Dom und Rathaus zu meinen stärksten architektonischen Eindrücken gehören.»
Die Eidgenossenschaft per se
«Die Schweiz? Aber ich liebe sie!» – so beginnt Thomas Mann seinen «Brief an die Schweiz» von 1923. Nachdem er zehn Jahre später hierzulande in der Not ein Zuhause fand, nannte er die Schweiz seine «Heimat». Sie war ihm ein Ort der Sicherheit, Ruhe und des «Arbeitsfriedens», wie er in einer Radioansprache sagte.
Darauf berief sich auch seine Familie bei ihrem Entscheid, seinen Nachlass der Schweiz zu schenken. 1962 schrieb Sohn Golo über seinen Vater: «Seine Liebe aber hat der Schweiz gehört.»