Eine organische Spurensuche, Klassenkampf heute, Überlegungen zum Pelicot-Prozess und Antworten auf die Frage, wie wir so schön wurden. Das sind die Top-Sachbücher 2025 – ausgewählt von der SRF-Kulturredaktion.
«Organisch» von Giulia Enders
Giulia Enders kann schreiben. Das hat sie mit ihrem Weltbestseller «Darm mit Charme» bewiesen. In ihrem neuen Buch «Organisch» nimmt sie andere Teile unseres Körpers unter die Lupe: die Lunge, die Haut, das Gehirn oder auch das Immunsystem. In leicht zugänglicher Sprache zeigt sie, wie unser Körper funktioniert und dass er sogar ein Vorbild sein kann für unser Leben und Zusammenleben. So lehrt uns etwa die Lunge, dass Schwäche eine Stärke sein kann. Und das Immunsystem, dass wir das Fremde brauchen, um das Eigene zu stärken. (Yves Bossart)
«Klasse» von Hanno Sauer
Wenn Sie sich noch nie gefragt haben, welcher sozialen Klasse Sie angehören und das so bleiben soll, dann lesen Sie dieses Buch nicht. Denn die Lektüre von Hanno Sauers «Klasse. Die Entstehung von Unten und Oben» wird Ihren Blick auf die Gemeinschaft, in der sie leben, verändern. Sauer zeigt den Menschen als konstanten Absender von Statussymbolen, die wir so routiniert entschlüsseln, dass sie uns kaum noch auffallen. Gefangen in einem Mechanismus, dem wir nicht entkommen können, zeichnet Sauer das Bild einer Gesellschaft, die zwar an ihren Ungleichheiten leidet, sie aber selbst perpetuiert. (Olivia Röllin)
«Mit Männern leben» von Manon Garcia
Zwischen Männern, die keine Wäsche waschen, und solchen, die vergewaltigen, bestehe ein Zusammenhang – so ein provokanter Gedanke der Philosophin Manon Garcia im Prozess um Gisèle Pelicot, die von ihrem Mann jahrelang betäubt, vergewaltigt und fremden Männern überlassen wurde. In «Mit Männern leben – Überlegungen zum Pelicot-Prozess» beleuchtet Garcia nicht nur den Fall, sondern auch die Machtstrukturen dahinter. Ihr Buch soll herausfordern und dazu anregen, die eigenen Begierden zu hinterfragen. Eine Philosophin an einem Gerichtsprozess? Das ist selten – und genau deshalb lohnt sich diese Lektüre. (Olivia Röllin)
«Wie wir so schön wurden» von Rabea Weihser
Wir alle kennen die Anziehung eines schönen Gesichts. Kulturelle Trends sausen durch die Zivilisationsgeschichte und formen unseren Geschmack. Damals gepudertes Haar, heute gemachte Lippen. Filler, Nasen-OPs, Make-up und KI-Filter im Netz – es war nie einfacher, dem «perfekten Gesicht» näherzukommen. Wie es dazu kam? Autorin Rabea Weihser begibt sich auf eine faziale Spurensuche, um sich dem Wesen des menschlichen Gesichts historisch anzunähern. Profil, Brauen, Lippen – selten ist einfühlsamer und erkenntnisreicher über Schönheitsideale geschrieben worden. (Hannah Krug)
«Rebellinnen zu Fuss» von Anneke Lubkowitz
Auf Wanderschaft gehen bedeutet in Anneke Lubkowitz' Sachbuch-Debüt vielerlei: Archiv-Expeditionen, Fernwanderwegen folgen, «Google Street View»-Recherchen, Spaziergänge in der Heimatregion – so stösst sie auf weibliche Vorbilder für ihre Wanderlust. In den Schriften von Simone de Beauvoir, Annemarie Schwarzenbach und Annette von Droste-Hülshoff entdeckt sie mehr als das eher männliche Dogma der Naturbeherrschung. Es geht um Verbundenheit, Verletzlichkeit, ökologisches Wissen – aber vor allem um Freiheit. In der Natur bewegen sich die Frauen in ihrem Rhythmus, gehen den eigenen Gedanken nach, erleben Abenteuer. Sorgfältige Landschaftsbeschreibungen und persönliche Überlegungen machen das Buch zum mitreissenden Wegbegleiter. (Hannah Krug)