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Schweizer Buchpreis 2020 Das sind die Nominierten für den Schweizer Buchpreis

Drei Männer, zwei Frauen und eineinhalb Überraschungen: Schon lange war das Rennen um den Schweizer Buchpreis nicht mehr so offen.

Auf der Shortlist für den Schweizer Buchpreis 2020 finden sich drei Titel, die man erwarten konnte. Das ist zum einen Dorothee Elmigers Buch «Aus der Zuckerfabrik» – bereits ihre dritte Nomination.

Das so anregende wie herausfordernde Werk, eigentlich ein Recherchebericht, handelt von Zucker und Kapitalismus, vom Begehren und der Unbefangenheit, von Kolonialgeschichte und einem Lottomillionär. Und nicht zuletzt vom Schreiben.

Dorothee Elmiger hat es mit ihrer «Zuckerfabrik» auch auf die Shortlist des deutschen Buchpreis geschafft, die ebenfalls heute bekanntgegeben wurde.

Tom Kummer vor dem Ritterschlag?

Erwarten durfte man aufgrund der vielen euphorischen Kritiken auch die Nominierung von Tom Kummers Roman «Von schlechten Eltern».

Die Roadnovel erzählt von einem Taxifahrer, der in der Schweiz VIP-Leute herumchauffiert, um seine verstorbene Frau trauert und einen Sohn aufzuziehen hat.

Kummer, als Erfinder von Fake-Reportagen mit Hollwood-Stars einst tief gefallen, scheint endgültig dort angekommen, wo er hingehört: in der Literatur.

Dauerbrenner Lewinsky

Weniger zu erwarten als zu befürchten war Charles Lewinsky auf der Shortlist. An ihm kommt man gegenwärtig schlicht nicht vorbei. Er ist der mit Abstand produktivste Schweizer Autor, der seine Konkurrenz buchstäblich unter den Tisch schreibt.

Erst 2019 ist der Roman «Der Stotterer» erschienen, legt Charles Lewinsky schon wieder eine 700-Seiten-Schwarte mit dem Titel «Der Halbbart» vor. Der Roman spielt im finsteren Mittelalter und zeigt auf, wie Geschichte aus herum gereichten Geschichten entsteht.

Die Überraschungen

Zumindest eine halbe Überraschung ist die 30-jährige Anna Stern, die Autorin der Trauer- und Befreiungsgeschichte «das alles hier, jetzt».

Stern hat zwar vor zwei Jahren schon den 3sat-Preis gewonnen. Dennoch hatten sie wohl nur wenige Expertinnen und Experten auf dem Radar.

Überraschend und mutig ist der Entscheid der Jury, Karl Rühmanns Briefroman «Der Held» auf die Shortlist zu hieven. Rühmann, 1959 im damaligen Jugoslawien geboren, ist als Autor noch wenig in Erscheinung getreten.

In «Der Held» drückt sich Karl Rühmann nicht vor ernsten philosophischen Fragen, Fragen nach Kriegsschuld und Verantwortung.

Allgemein fällt auf, dass die Jury dieses Jahr keine Angst vor Autorinnen und Autoren hat, die denkfreudig das Grosse und Ganze suchen.

Leider nein

Wer sind die grossen Abwesenden der Schweizer Buchpreis-Ausscheidung? Zweifellos Pascal Mercier mit seinem Werk «Das Gewicht der Worte», obwohl er wochenlang ganz oben auf der Spiegel-Bestsellerliste stand.

Dann aber auch Reto Hänny mit seinem Roman-Ungeheuer «Sturz», in dem eine Fabulierlust und Sprachkunst zu bewundern ist, vor der die Jury wohl etwas voreilig kapituliert hat.

Vergeben wird der Schweizer Buchpreis am 8. November. Er ist mit 30'000 Franken dotiert.

Sendung: Radio SR1, Nachrichten, 15.9.2020, 12:00 Uhr

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