Nun ist klar, welche fünf Titel ins Rennen um den Schweizer Buchpreis 2024 steigen. Die Themen der nominierten Bücher gleichen sich dieses Jahr stark – bis auf einen erfreulichen Querschläger: «Polifon Pervers» des Luzerners Béla Rothenbühler, das zudem auf Mundart verfasst ist. Es ist der erste Mundartroman auf der Shortlist seit zehn Jahren. Die übrigen vier Romane kreisen alle um die Themen Familie, Traumata und deren Bewältigung.
Michelle Steinbeck, diesmal mit ihrem ungestümen Buch «Favorita» und Martin R. Dean mit seinem autobiografischen Roman «Tabak und Schokolade» stehen bereits zum zweiten Mal auf einer Shortlist. Autobiografisch ist auch der Roman «Seinetwegen» von Zora del Buono. Und auch dieses Jahr steht ein Romandebüt auf der Liste: Mariann Bühlers «Verschiebung im Gestein».
Dass diese vier Romane auf der Shortlist landeten, ist wenig überraschend. Sie sind relativ breit rezipiert und vom Lesepublikum gut aufgenommen worden. Umso erfrischender ist es, dass mit Béla Rothenbühlers «Polifon Pervers» ganz unverhofft auch ein in Sprache und Inhalt komplett unterschiedliches Buch auf der Liste steht.
Das sind die fünf Nominierten im Überblick:
«Polifon Pervers» von Béla Rothenbühler
Zwei Studentinnen gründen einen «Verein für Unterhaltung». Der eigentliche Zweck: Von Stiftungen, Kulturförderprogrammen und Firmen so viel Geld wie möglich locker machen – und es in die eigenen Taschen fliessen lassen. Gefährlich wird es, als eine von ihnen auch noch beginnt, das Drogengeld der halben Schweizer Club-Dealerszene zu waschen. «Polifon Pervers» ist Béla Rothenbühlers zweiter Roman auf Luzerner Dialekt, eine Satire auf den Schweizer Kulturbetrieb.
«Seinetwegen» von Zora del Buono
Zora del Buono ist acht Monate alt, als ihr Vater bei einem Autounfall in der Ostschweiz ums Leben kommt. Der tote Vater wird zur Leerstelle in ihrem Leben – bis sie sich auf die Suche macht nach dem Unfallverursacher, schweizweit recherchiert und in Archiven stöbert. Herausgekommen ist ein behutsam tastendes Buch, in dem sie zeigt: Auch wer Mist gebaut hat, ist letztlich ein Mensch.
«Favorita» von Michelle Steinbeck
Fila will aufklären, unter welchen Umständen ihre Mutter in Italien gestorben ist und gerät unversehens zwischen die Fronten eines erbitterten Kampfes im italienischen Untergrund zwischen revolutionären Frauen und Neofaschisten. Michelle Steinbeck knöpft sich grosse Themen vor: Femizide, Faschismus und Verschwörungen. Ein wilder, mitunter fantastischer Roman – die Autorin bleibt ihrem Stil treu.
«Verschiebung im Gestein» von Mariann Bühler
In ihrem ersten Roman erzählt Mariann Bühler von drei Figuren, die alle mit existenziellen Veränderungen in ihren Leben konfrontiert sind: Todesfälle, Aufbrüche, Enttäuschungen. Die drei verbindet ein entlegenes Bergtal und die Tatsache, dass sie sich lieber mit Nebensächlichkeiten abgeben, als sich ihren Schwierigkeiten zu stellen. Ein Debüt der leisen Töne, das es in sich hat.
«Tabak und Schokolade» von Martin R. Dean
Martin R. Dean geht seiner geteilten Herkunft nach: halb schweizerisch, halb karibisch. Er bricht nach Trinidad auf und erfährt vor Ort, dass die Vorfahren seines leiblichen Vaters ursprünglich aus Indien stammten. Die Briten verschifften sie zur Kolonialzeit in die Karibik. Als Plantagenarbeiter wurden sie wie Sklaven gehalten. Eine Selbsterkundung – intim, vielschichtig, berührend.
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