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Neue Bücher von Peter Stamm, Virginie Despentes, Mohamed Mbougar Sarr und Grégory Salle
Aus Literaturclub vom 31.01.2023.
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SRF-Bestenliste Die besten Bücher im Februar

Ein Altpapier-Streifzug und eine Liebe auf Zeit: Das sind die literarischen Highlights des Monats im Countdown.

5. Ingeborg Bachmann, Max Frisch: «Wir haben es nicht gut gemacht.» Der Briefwechsel (24 Punkte)

Buchcover schwarzweiss mit Frau und Mann Porträt, im Hintergrund violette Farbe.
Legende: Ingeborg Bachmann, Max Frisch: «Wir haben es nicht gut gemacht.» Der Briefwechsel. Hrsg. von Hans Höller, Renate Langer, Thomas Strässle und Barbara Wiedemann. Suhrkamp und Piper, 2022, 1039 Seiten. Suhrkamp und Piper

Ingeborg Bachmann und Max Frisch waren eines der glamourösesten Paare der deutschsprachigen Literatur. Es war eine Liebe zwischen Bewunderung und Rivalität. Nach vier Jahren endete sie für beide schmerzlich. Dass die Trennung entgegen der bisher geltenden Meinung auch ihn fast zerstörte, zeigt der gemeinsame Briefwechsel.

Die rund 300 erstmals veröffentlichten Briefe räumen mit dem alten Gerücht auf, Frisch sei mit seinem Verhalten schuld an Bachmanns Tod. Der eigentliche Zauber dieses sorgfältig editierten Briefbands ist, wie sich beide als rückhaltlos Liebende zeigen, die alles riskieren, (fast) alles verlieren – und dafür Worte finden.

Jetzt weiss man genauer, warum diese beiden Ausnahmemenschen und Ausnahmekünstler es nicht miteinander aushielten, obwohl sie sich so geliebt hatten. Eine sprachlich beglückende, zutiefst bewegende, ja erschütternde Lektüre.
Autor: Martin Ebel Literaturkritiker

4. Annie Ernaux: «Der junge Mann» (25 Punkte)

weisses Buchcover mit Laken darauf und roter Schrift, im Hintergrund violett.
Legende: Annie Ernaux: «Der junge Mann». Aus dem Französischen von Sonja Finck. Suhrkamp, 2023, 48 Seiten. Suhrkamp

Sie ist Mitte 50, er Mitte 20. Sie lieben sich, spazieren Hand in Hand, gehen auf Reisen, haben Spass. Er gibt ihr das Gefühl, alterslos zu sein. Doch beide wissen, eine gemeinsame Zukunft ist ihnen nicht bestimmt. Die aktuelle Nobelpreisträgerin Annie Ernaux zieht auf nur 48 Seiten alle Register ihres schriftstellerischen Könnens.

Schonungslos direkt schildert sie die Beweggründe einer ungewöhnlichen Liebe. Mit ihrer radikal autobiografischen Innensicht über ihre Beziehung zu einem viel jüngeren Mann schreibt sie gegen gesellschaftliche Konventionen an. Ein schmales Buch mit ungemeiner Wucht.

Altes Herz wird wieder jung? Lust und Frust liegen eng beieinander, wenn Annie Ernaux eine Affäre mit einem wesentlich jüngeren Mann hat, um sich ihre Vergangenheit zu vergegenwärtigen.
Autor: Christine Richard Freie Kulturjournalistin
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«Der junge Mann» von Annie Ernaux
aus Kultur-Aktualität vom 20.01.2023. Bild: Keystone / Anders Wiklund
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3. Arno Geiger: «Das glückliche Geheimnis» (26 Punkte)

oranges Buchcover, ein Mann mit Hut von hinten. Hintergrund violett.
Legende: Arno Geiger: «Das glückliche Geheimnis». Hanser, 2023, 240 Seiten. Hanser

In seinem neuen autobiografischen Buch «Das glückliche Geheimnis» erzählt Arno Geiger von seinem langen Weg zur Schriftstellerei, von seinen alternden Eltern und der grossen Liebe. Zudem verrät er darin, dass er über Jahrzehnte ein Doppelleben geführt hat: im Geheimen streifte er regelmässig durch die Stadt und suchte in Altpapiercontainern nach Briefen und anderen persönlichen Dokumenten wildfremder Menschen.

Beeindruckend offen erzählt der Autor, wie ihm dies den Zugang zu anderen Lebenswirklichkeiten eröffnete – und ihn als Künstler inspirierte.

Arno Geiger ist mit ‹Das glückliche Leben› ein ergreifendes Lebensbuch gelungen. Es besticht durch eine schonungslose Offenheit, welche das Buch zu einer Hommage ans Erzählen überhaupt werden lässt.
Autor: Felix Münger Literaturredaktor SRF

2. Mohamed Mbougar Sarr: «Die geheimste Erinnerung der Menschen» (31 Punkte)

Buchcover mit schwarz-weiss-gelb-rosarotem Muster, weisser Schrift. Hintergrund violett.
Legende: Mohamed Mbougar Sarr: «Die geheimste Erinnerung der Menschen». Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller. Hanser, 2022, 448 Seiten. Hanser

Diégane lebt in Paris und will so berühmt werden wie sein literarisches Idol T. C. Elimane, ein senegalesischer Schriftsteller, der in den 1930er-Jahren ein Kultbuch schrieb und als «schwarzer Rimbaud» im französischen Feuilleton gefeiert wurde. Bis er spurlos verschwand.

Zufall oder Schicksal, dass Diégane in einem Strassencafé ausgerechnet jener Senegalesin begegnet, die Elimanes längst verschollen geglaubtes Kultbuch besitzt? Der Roman ist ein sprachlich virtuoser Mix aus Kriminalgeschichte, Liebesgeschichte und Bildungsroman, in dem sich der Autor kritisch mit dem 20. Jahrhundert und dem Erbe des Kolonialismus auseinandersetzt.

Ein anspruchsvolles Lesevergnügen mit wunderschönen Passagen über die Liebe, das Leben und die Suche nach Wahrheit, die die Essenz unseres Lebens ist.
Autor: Annette König Literaturredaktorin SRF
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"Die geheimste Erinnerung der Menschen" von Mohamed Mbougar Sarr
Aus Literaturclub vom 31.01.2023.
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1. Peter Stamm: «In einer dunkelblauen Stunde» (73 Punkte)

Buchcover mit gemaltem Mann vor grüner Wand. Weisser Titel. Hintergrund violett.
Legende: Peter Stamm: «In einer dunkelblauen Stunde». S. Fischer, 2023, 256 Seiten. S. Fischer

Andrea will mit ihrem Team einen Dokumentarfilm über den Schriftsteller Richard Wechsler drehen. Die Dreharbeiten in Paris sind im Kasten, aber zu den Aufnahmen an seinem Schweizer Heimatort taucht Wechsler nicht auf. Das Filmprojekt droht zu scheitern. Doch liegt nicht in jedem Scheitern ein Neuanfang?

Peter Stamm zeigt sich in seinem neuen Roman von einer ungewohnt vergnüglichen Seite. Er legt autobiografische Fährten aus und treibt so sein methodisches Wechselspiel zwischen Fiktion und Wirklichkeit auf die Spitze. Ein komplexer Roman, mit Leichtigkeit geschrieben.

Ein brillant geschriebenes Buch, gespickt mit (Selbst-) Reflexionen über das Dasein in seiner Vielschichtigkeit und Banalität.
Autor: Daniela Bieri Buchhändlerin Lüthy Balmer Stocker Solothurn

So entsteht die SRF-Bestenliste

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Die SRF-Bestenliste wird jeden Monat von einer Fachjury bestimmt. Zur Jury gehören 55 Buchkritikerinnen, Bibliothekare, Buchhändlerinnen, Literaturwissenschaftler und Vertreterinnen von literarischen Institutionen.

Jedes Jurymitglied darf jeweils bis zu vier Titel, deren Veröffentlichung nicht länger als sechs Monate zurückliegt, für die SRF-Bestenliste nominieren. Die Punktewertung funktioniert wie folgt:

  • 1. Platz: 7 Punkte
  • 2. Platz: 5 Punkte
  • 3. Platz: 3 Punkte
  • 4. Platz: 1 Punkt

Die vergebenen Punkte werden addiert und ergeben die jeweilige Reihung. Jedem Jurymitglied steht es frei, weniger (oder auch gar keinen) Titel zu nominieren. Sobald ein Titel drei Mal auf der SRF-Bestenliste vorgekommen ist, wird er gesperrt, um einen gewissen Titelumlauf zu gewährleisten.

Im Sinne einer grösstmöglichen Transparenz, Objektivität und Unparteilichkeit im Abstimmungsverfahren dürfen keine Bücher nominiert werden, deren Autor:in Mitglied der Jury ist.

Die Jurymitglieder von A bis Z

Der Newsletter von SRF Literatur

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Im Literatur-Newsletter von SRF gibt es wöchentlich Leseempfehlungen und Porträts von Schweizer Schriftstellerinnen und Schriftstellern. Und natürlich gibt es so auch jeden Monat die aktuelle Bestenliste ins Postfach.

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SRF 1, Literaturclub, 31.01.2023, 22:25 Uhr;

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