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SRF-Bestenliste Die besten Bücher im März

In der neuen SRF-Bestenliste wählt eine Jury aus Expertinnen und Experten die literarischen Highlights des Monats. Das sind die fünf besten Bücher des März im Countdown.

5. Milena Moser: «Mehr als ein Leben» (23 Punkte)

Buchcover: Zwei bunte, stilisierte Frauenfiguren
Legende: Milena Moser: «Mehr als ein Leben». Kein & Aber, 2022. 560 Seiten, ca. Fr. 35.90. Kein & Aber

Im Zentrum von «Mehr als ein Leben» steht Helen, die sich als Zehnjährige entscheiden muss, ob sie mit dem Vater oder der Mutter zusammenleben will. Milena Moser erzählt beide Versionen und lotet an Schauplätzen in der Schweiz und in San Francisco aus, welche Möglichkeiten ein Leben haben kann.

Sie schreibt, wie man es von ihr kennt: nahbar, unprätentiös, mit genauem Blick. Und stellt eine zentrale Frage: Wieweit ist man bereit, die Verantwortung für das eigene Glück selbst zu übernehmen?

Milena Moser schreibt auch in diesem Roman empathisch, fast zärtlich, über Menschen, die glauben, nicht zu genügen.
Autor: Britta Spichiger Literaturredaktorin SRF

4. Michel Houellebecq: «Vernichten» (28 Punkte)

Buchcover: Foto eines gelb-orangen Wolke
Legende: Michel Houellebecq: «Vernichten». Übersetzt von Stephan Kleiner und Bernd Wilczek. Dumont, 2022. 624 Seiten, ca. Fr. 39.90. Dumont

In seinem Roman lotet Michel Houellebecq die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der Liebe aus. Paul Raison, Berater im französischen Wirtschaftsministerium, und seine Frau Prudence sind seit über zehn Jahren getrennt, leben aber immer noch in der gemeinsamen Wohnung in Paris. Als Paul aus politischen Gründen von seiner Arbeit freigestellt wird, nähern er und Prudence sich einander wieder an: Ein zerbrechliches Glück vor dem Hintergrund einer Gesellschaft in einer nahen Zukunft, deren Wandel der Autor in gewohnter Treffsicherheit beschreibt.

Houellebecq war nie klarer, nie gedanklich brutaler, nie grösser als hier.
Autor: Philipp Theisohn Literaturwissenschaftler Universität Zürich

3. Abbas Khider: «Der Erinnerungsfälscher» (30 Punkte)

Buchcover mit Zeichnung ein Vogel fliegt über die Schrift des Buchtitels
Legende: Abbas Khider: «Der Erinnerungsfälscher». Hanser, 2022. 128 Seiten, ca. Fr. 28.90. Hanser

Der Schriftsteller Said Al-Wahid fliegt von Frankfurt überstürzt nach Bagdad, weil seine Mutter im Sterben liegt. Er kann den Flug in die Heimat nur unternehmen, weil er einen deutschen Pass hat. Während er unterwegs ist, erinnert er sich an die vierjährige Flucht aus dem Irak, die schwierige Ankunft in Deutschland und ein fortwährendes Gefühl von Unsicherheit und Bedrohung. Aber stimmen Saids Erinnerungen? Für ihn sind sie nur erzählbar, wenn er sie erfindet. Eine existentielle Lebensgeschichte, die an die Menschlichkeit appelliert.

Khiders Roman ist politisch, philosophisch, literarisch und vor allem hochaktuell.
Autor: Barbara Tribelhorn Bibliothekarin und Kulturmanagerin Kaufleuten Zürich

2. Joachim B. Schmidt: «Tell» (32 Punkte)

Buchcover: Bunter, stilisierter Apfel
Legende: Joachim B. Schmidt: «Tell». Diogenes, 2022. 288 Seiten, 31 Franken. Diogenes

Aus dem überlieferten Original-Stoff über Wilhelm Tell baut Joachim B. Schmidt einen rasanten Kriminalroman. Tell ist ein hitzköpfiger, grobschlächtiger Bergbauer, der an einem Trauma leidet. Und der zierlich-elitäre Landvogt Gessler macht Fehler, weil er seinem Vollstrecker Harras zu grosse Entscheidungskompetenz überlässt.

Schmidt zeichnet seine Figuren als Menschen – nicht als Helden – und holt damit den Mythos vom Sockel.

Eine Tell-Geschichte mit viel Suspense und einem Showdown wie aus einem Tarantino-Film.
Autor: Annette König Literaturredaktorin SRF

1. Yasmina Reza: «Serge» (44 Punkte)

Buchcover: Gemaltes Bild einer Gruppe von Menschen beim Essen
Legende: Yasmina Reza: «Serge». Übersetzt von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel. Hanser, 2022. 208 Seiten, ca. Fr. 33.90. Hanser

Mit «Serge» hat Yasmina Reza eine Auseinandersetzung mit dem Unaussprechlichen geschrieben. Eine jüdische Familie aus Paris besucht Auschwitz, weil die Familie ihrer Grossmutter dort ermordet wurde. Aber über diesen Ort der Erinnerung, der eigentlich gar nicht mehr existiert, weil er zur Touristenattraktion geworden ist, legen sich die Lappalien und Zänkereien der Geschwister.

Yasmina Reza erzählt elegant und pointiert. Die wahre Erinnerung findet für sie nicht in Gedenkstätten, sondern in der Literatur statt.

Reza gelingt eine brillante jüdische Familiengroteske und ein tragikomischer Blick auf die Erinnerungskultur zu Auschwitz.
Autor: Hansruedi Kugler Literaturredaktor CH Media

So entsteht die SRF-Bestenliste

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Die SRF-Bestenliste wird jeden Monat von einer Fachjury bestimmt. Zur Jury gehören 55 Buchkritikerinnen, Bibliothekare, Buchhändlerinnen, Literaturwissenschaftler und Vertreterinnen von literarischen Institutionen.

Jedes Jurymitglied darf jeweils bis zu vier Titel, deren Veröffentlichung nicht länger als sechs Monate zurückliegt, für die SRF-Bestenliste nominieren. Die Punktewertung funktioniert wie folgt:

  • 1. Platz: 7 Punkte
  • 2. Platz: 5 Punkte
  • 3. Platz: 3 Punkte
  • 4. Platz: 1 Punkt

Die vergebenen Punkte werden addiert und ergeben die jeweilige Reihung. Jedem Jurymitglied steht es frei, weniger (oder auch gar keinen) Titel zu nominieren. Sobald ein Titel drei Mal auf der SRF-Bestenliste vorgekommen ist, wird er gesperrt, um einen gewissen Titelumlauf zu gewährleisten.

Im Sinne einer grösstmöglichen Transparenz, Objektivität und Unparteilichkeit im Abstimmungsverfahren dürfen keine Bücher nominiert werden, deren Autor:in Mitglied der Jury ist.

Die Jurymitglieder von A bis Z

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Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 25.2.2022, 08:06 Uhr ; 

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