«Meined si das ernscht?», fragt 1966 der Chefredaktor den enthusiastischen Jungreporter Beat Hirt, als dieser dem Chef die erste Ausgabe der Jugendzeitschrift «Pop» auf den Schreibtisch legt. Auf dem Cover sind «Les Sauterelles» abgebildet, Hirt hat das Foto selbst geschossen.
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Bild 1 von 5. Die allererste Pop-Ausgabe mit Les Sauterelles, fotografiert von Beat Hirt. (1966). Bildquelle: Beat Hirt.
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Bild 2 von 5. Ausgabe Nr. 9 mit Modellen, welche die «freche und verdorbene» Jugend darstellen. Bildquelle: Nachlass Beat Hirt.
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Bild 3 von 5. Für Nr. 11 posierten The Who im Schnee von Grindelwald. (1967). Bildquelle: Nachlass Beat Hirt.
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Bild 4 von 5. Nr. 19 mit The Beatles, also den vier Pilzköpfen aus Liverpool, welche die Beat-Welle ins Rollen brachten. (1967) . Bildquelle: Nachlass Beat Hirt.
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Bild 5 von 5. Als man auf Jugend-Magazin-Covers noch rauchen durfte: Nr. 27 mit Jimi Hendrix. (1968). Bildquelle: Nachlass Beat Hirt .
Jungreporter Hirt widmete sich in den 1960er-Jahren mit viel Elan und Verve der aufkommenden Popmusik. Als er 2024 starb, fand sich in seinem Nachlass ein fast fertiges Manuskript, das davon zeugt. Musikjournalist Sam Mumenthaler hat Hirts Memoiren nun sanft überarbeitet und herausgegeben.
«Primitiver Lärm»
Anschaulich schildert Hirt in «Beat by Beat» das neue Lebensgefühl, das aus England herüberschwappt und den Widerstand, auf den es hier trifft. Beatmusik und ihre Anhängerschaft gelten in der popkulturell rückständigen Schweiz als primitiver Lärm und soziales Problem.
Beat Hirts Memoiren sind gespickt mit vergnüglichen Anekdoten. Der rasende Popreporter reist ab den 1960er-Jahren regelmässig nach England und erlebt dort die frühen Auftritte der wichtigsten Bands. Davon zeugen auch eine Unmenge von Fotografien, die sich in seinem Nachlass fanden und von denen es rund 150 ins Buch geschafft haben.
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Bild 1 von 7. David Bowie and The Buzz im Marquee-Club in London (1966). Bildquelle: Nachlass Beat Hirt .
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Bild 2 von 7. Joan Baez in Genf (1967). Bildquelle: Nachlass Beat Hirt .
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Bild 3 von 7. Bob Dylan an der Medienkonferenz im Hotel George V in Paris (1966). Bildquelle: Nachlass Beat Hirt .
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Bild 4 von 7. Tom Jones in Bournemouth (1968). Bildquelle: Nachlass Beat Hirt.
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Bild 5 von 7. Eric «Slowhand» Clapton (1966). Bildquelle: Nachlass Beat Hirt.
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Bild 6 von 7. Das Züricher Folk-Duo Hepp/Anselmo in London (1966). Bildquelle: Nachlass Beat Hirt.
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Bild 7 von 7. Die Gewinnerin des Eurovision de la Chanson (heute ESC) France Gall im Studio von Europe 1 in Paris (1965). Bildquelle: Nachlass Beat Hirt .
1966 sitzt Hirt in einer Pressekonferenz von Boy Dylan, der als schwieriger Interviewpartner gilt. Dylan tut seinem Ruf alle Ehre, gibt einsilbige Antworten und wirkt gelangweilt. Beat Hirt notiert dazu: «Bob Dylan ist zweifellos ein grosser Poet und ein ebenso grosser Melodienschreiber. Aber vielleicht denkt er gar nicht so viel, wie wir denken, dass er denkt.»
In der Schweiz weibelt Beat Hirt unermüdlich für die neue Musik und kritisiert Radio Beromünster für dessen «vaterländische Biederkeit». Natürlich ist er auch involviert, als The Rolling Stones 1967 ihr erstes Schweizer Konzert im Zürcher Hallenstadion spielen. Mit viel Selbstironie beschreibt er, wie er eine Pressekonferenz mit der Band aufgleist, allerdings ohne Mick Jagger und Co. vorher gefragt zu haben.
«Schüssed sie! Schüssed sie!»
Die Resonanz auf die Pressekonferenz ist gross, aus allen Landesteilen reisen Medienschaffende an. Doch The Rolling Stones wollen nicht. Erst als sich der CEO des Plattenlabels aus London einschaltet, willigen sie murrend ein. «Ten minutes only. No more», sagt Mick Jagger.
Doch die Schweizer Journalisten zählen zur «Kaste der Schweigsamen» wie Hirt schreibt und stellen keine Fragen. Einigermassen verzweifelt versucht er zu überbrücken: «Schüssed sie! Schüssed sie! Sie händ nöd lang Zyt.» Daraufhin will ein Westschweizer Journalist von Mick Jagger wissen, wer von The Rolling Stones der potenteste sei. Mick Jagger antwortet: «Das weiss ich nicht, ich hab nicht mit allen geschlafen.»
Popjournalismus-Pionier
«Beat by Beat» ist ein süffiger und vergnüglicher Trip durch die Anfänge der helvetischen Popgeschichte. Mit scharfem Witz und einer Prise Unverfrorenheit lädt Hirt auf eine Reise ein, die ebenso informativ wie unterhaltsam ist.
Seine pointierte Sprache wirkt modern, wenn auch die Perspektive eine sehr männliche ist – ganz dem damaligen Zeitgeist entsprechend. «Beat by Beat» dokumentiert nicht einfach nur eine Szene, sondern lässt einen förmlich eintauchen in die Atmosphäre der 1960er-Jahre.