Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

«Beat by Beat» Die Memoiren des ersten Schweizer Pop-Journalisten

Beat Hirt gehörte in den 1960er-Jahren zu den ersten, die Pop- und Beatmusik in der Schweiz ernst nahmen. Seine Memoiren «Beat by Beat» sind eine unterhaltsame und pointierte Beschreibung einer aufkeimenden Musikszene.

«Meined si das ernscht?», fragt 1966 der Chefredaktor den enthusiastischen Jungreporter Beat Hirt, als dieser dem Chef die erste Ausgabe der Jugendzeitschrift «Pop» auf den Schreibtisch legt. Auf dem Cover sind «Les Sauterelles» abgebildet, Hirt hat das Foto selbst geschossen.

Jungreporter Hirt widmete sich in den 1960er-Jahren mit viel Elan und Verve der aufkommenden Popmusik. Als er 2024 starb, fand sich in seinem Nachlass ein fast fertiges Manuskript, das davon zeugt. Musikjournalist Sam Mumenthaler hat Hirts Memoiren nun sanft überarbeitet und herausgegeben.

Die Jugendzeitschrift «Pop»

Box aufklappen Box zuklappen
«Pop»-Redaktion: Susanne, Beat Hirt, Jürg Marquart (1966)
Legende: «Pop»-Redaktion: Susanne Bihrer, Beat Hirt, Jürg Marquard (1966) Nachlass Beat Hirt

1965 gründet Beat Hirt zusammen mit Jürg Marquard «Pop». Die Schweizer Jugendzeitschrift widmet sich aktuellen Musiktrends, internationalen Stars und der Schweizer Pop- und Beat-Szene.

1968 verlässt Hirt die «Pop»-Redaktion, also vor dem kommerziellen Durchbruch der Zeitschrift.

1980 fusioniert «Pop» mit dem Freizeitmagazin «Rocky», woraus «Pop Rocky» entsteht. Mit einer zeitweisen Auflage von einer halben Million Exemplaren macht «Pop Rocky» der deutschen «Bravo» Konkurrenz.

1998 wird «Pop Rocky» eingestellt, weil das Magazin zunehmend an Relevanz und Leserschaft verliert.

«Primitiver Lärm»

Anschaulich schildert Hirt in «Beat by Beat» das neue Lebensgefühl, das aus England herüberschwappt und den Widerstand, auf den es hier trifft. Beatmusik und ihre Anhängerschaft gelten in der popkulturell rückständigen Schweiz als primitiver Lärm und soziales Problem.

Was ist Beatmusik?

Box aufklappen Box zuklappen

Beat ist ein Musikstil, der sich in den 1960er-Jahren in Grossbritannien aus Rock'n'Roll, Skiffle und Rhythm & Blues entwickelte. Die Liverpooler Band The Beatles gelten als wichtigste Vertreter und Wegbereiter des Genres.

Beatmusik war aber nicht nur ein Sound, sondern auch der Ausdruck einer neuen Jugendkultur – laut, voller Energie und mit Pilzkopf-Frisuren und Anzügen.

Beat Hirts Memoiren sind gespickt mit vergnüglichen Anekdoten. Der rasende Popreporter reist ab den 1960er-Jahren regelmässig nach England und erlebt dort die frühen Auftritte der wichtigsten Bands. Davon zeugen auch eine Unmenge von Fotografien, die sich in seinem Nachlass fanden und von denen es rund 150 ins Buch geschafft haben.

1966 sitzt Hirt in einer Pressekonferenz von Boy Dylan, der als schwieriger Interviewpartner gilt. Dylan tut seinem Ruf alle Ehre, gibt einsilbige Antworten und wirkt gelangweilt. Beat Hirt notiert dazu: «Bob Dylan ist zweifellos ein grosser Poet und ein ebenso grosser Melodienschreiber. Aber vielleicht denkt er gar nicht so viel, wie wir denken, dass er denkt.»

Wer war Beat Hirt?

Box aufklappen Box zuklappen
Porträt von Beat Hirt
Legende: Beat Hirt (1939–2024) Nachlass Beat Hirt

Der 1939 in Zürich geborene Beat Hirt war ein prägender Journalist, Popkenner, Autor und Filmemacher. Als in den 1960er-Jahren die Beatwelle in die Schweiz rollte, wurde Hirt zum ersten Schweizer Popjournalisten.

Er war Mitbegründer der Jugendzeitschrift «Pop» und später Chefredaktor bei der «Schweizer Illustrierten» und der Fernsehzeitschrift «Tele».

Zudem war Beat Hirt regelmässig auf Radio DRS1 und DRS3 als Film- und Kulturredaktor zu hören.

1999 gründete er ein Filmproduktionsfirma und führte Regie in diversen Dokumentarfilmen, zum Beispiel «Back Around the Clock», «Pop Schwiiz!» und «Jolly Roger».

Beat Hirt starb am 25. August 2024 im Alter von 84 Jahren.

In der Schweiz weibelt Beat Hirt unermüdlich für die neue Musik und kritisiert Radio Beromünster für dessen «vaterländische Biederkeit». Natürlich ist er auch involviert, als The Rolling Stones 1967 ihr erstes Schweizer Konzert im Zürcher Hallenstadion spielen. Mit viel Selbstironie beschreibt er, wie er eine Pressekonferenz mit der Band aufgleist, allerdings ohne Mick Jagger und Co. vorher gefragt zu haben.

«Schüssed sie! Schüssed sie!»

Die Resonanz auf die Pressekonferenz ist gross, aus allen Landesteilen reisen Medienschaffende an. Doch The Rolling Stones wollen nicht. Erst als sich der CEO des Plattenlabels aus London einschaltet, willigen sie murrend ein. «Ten minutes only. No more», sagt Mick Jagger.

Doch die Schweizer Journalisten zählen zur «Kaste der Schweigsamen» wie Hirt schreibt und stellen keine Fragen. Einigermassen verzweifelt versucht er zu überbrücken: «Schüssed sie! Schüssed sie! Sie händ nöd lang Zyt.» Daraufhin will ein Westschweizer Journalist von Mick Jagger wissen, wer von The Rolling Stones der potenteste sei. Mick Jagger antwortet: «Das weiss ich nicht, ich hab nicht mit allen geschlafen.»

Popjournalismus-Pionier

«Beat by Beat» ist ein süffiger und vergnüglicher Trip durch die Anfänge der helvetischen Popgeschichte. Mit scharfem Witz und einer Prise Unverfrorenheit lädt Hirt auf eine Reise ein, die ebenso informativ wie unterhaltsam ist.

Seine pointierte Sprache wirkt modern, wenn auch die Perspektive eine sehr männliche ist – ganz dem damaligen Zeitgeist entsprechend. «Beat by Beat» dokumentiert nicht einfach nur eine Szene, sondern lässt einen förmlich eintauchen in die Atmosphäre der 1960er-Jahre.

Buchhinweis

Box aufklappen Box zuklappen

Samuel Mumenthaler (Hg.): «Beat by Beat – Im Strudel der Sixties. Die Pop Memoiren von Beat Hirt». Verlag Sturm & Drang, 2025.

SRF1 Treffpunkt, 11.11.2025, 10:05 Uhr

Meistgelesene Artikel