Die Wahl fiel auf das Volkslied «Arirang», vorgetragen von Kim Nam-gi im traditionellen Pansori-Gesang. Dieses Stück ist in Nord- und Südkorea sowie in der koreanischen Community weltweit bekannt, erklärt Musikethnologe Michael Fuhr .
Das Grundthema der Eröffnungsfeier in Pyeongchang ist das Spannungsfeld zwischen Tradition und Fortschritt – auch musikalisch: Da sind traditionelle Instrumente zu hören, zum Beispiel die koreanische Zither. Sie kommt aber auch im modernen Kontext vor, etwa in der globalen Friedenshymne «Imagine» gegen Ende der Olympia-Eröffnungsfeier.
Vier Sängerinnen und Sänger unterschiedlicher Musikgenres interpretieren den Song, zum Beispiel Jeon In-kwon, der auch der Bob Dylan Koreas genannt wird. «Imagine» ist die Friedensmessage schlechthin.
Traumberuf Pop-Idol
Gleichzeitig zeichnet die Musik an der Eröffnungsfeier auch ein Idealbild Koreas – zum Beispiel mit der Rahmengeschichte der Zeremonie.
Fünf Kinder reisen darin durch die Zeit. Videoprojektionen zeigen ihre Berufswünsche. Der eine will Architekt werden, die andere möchte in der Technologiebranche mit Robotern arbeiten. Ein dritter will Popstar werden. Pop-Idol, ist das eine anerkennte Zukunftsperspektive in Südkorea?
Michael Fuhr sagt: Neuerdings ja. «Neben den anerkannten Berufen können sich Eltern mittlerweile vorstellen, dass ihre Kinder K-Pop-Idols werden. Sie sind bereit, ihre Söhne und Töchter in ‹Academies› zu schicken oder bei ‹Auditions› vorsingen zu lassen – organisiert durch ‹Entertainment Companies›, die auf der Suche nach den zukünftigen Stars sind.»
Popmusik ist in Korea ein grosser Markt, der jedes Jahr Dutzende Boy- und Girlgroups ausspuckt. International gefragt ist diese Musik, seit der Song «Gangnam Style» 2012 zu einem internationalen Hit wurde.
Natürlich schallt auch dieses Lied durch das Olympiastadion, und zwar in dem Moment, in dem die Athlethen der Popmusiknation USA ins Stadion eintreten.
Ein versöhnliches Zeichen
Der feierliche Einmarsch der Athleten wird von einem antreibenden Soundteppich unterlegt, in der Musikethnologe Michael Fuhr nicht nur die Hits der aktuellen koreanischen Hitparade findet, sondern auch ein Remix des Liedes «Mi-in» aus den 1970er-Jahren, ein Stück von der koreanischen Rock-Ikone Shin Joong-hyun : «Dass diese Musik in diesem Zusammenhang wieder erklingt, ist ein versöhnliches Zeichen.»
Der Hintergrund dazu: Shin Joong-hyun litt in den 70er-Jahren unter dem Regime. Er musste seine musikalische Karriere wegen der strengen Zensur des diktatorischen Regimes aufgeben.
Die Musikauswahl an der Eröffnungsfeier diente also nicht nur oberflächiger staatlicher Repräsentation. Sie war ein Soundtrack mit Zwischentönen.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 9.2.2018, 17:40 Uhr