«Ganz zusserscht usse und äänen am Rhii da liit e chliises Stuck Welt»: Wer am späten Abend das Schaffhauser Privatradio Munot eingeschaltet hat und diesen Song hört, weiss, dass es kurz vor Mitternacht sein muss. Denn «Blos e chliini Stadt» von Liedermacher Dieter Wiesmann ist dort jeden Abend zu hören.
Es ist wohl Wissmanns bekanntester Song. Wiesmann, der in seiner Karriere über 150 Lieder geschrieben hat, konnte das schon ein bisschen verrückt machen, verbinden doch viele mit ihm nur diesen Song – und natürlich «De Tuusigfüessler Balthasar».
Di vordere Bei händ grüen
Zur Welt kommt Dieter Wiesmann im Mai 1939. Er wird Apotheker, wie schon sein Vater. Auf der Bühne steht er schon während der Schulzeit. Er macht Kabarett an der Kantonsschule. Als Student ist er ein Jahr beim Cabaret Fédéral in Zürich tätig. Beim Schweizer Fernsehen überarbeitet er Geschichten fürs Kinderprogramm.
Als Solist tritt Dieter Wiesmann ab 1974 auf. Drei Jahre später erscheint die Kinderlieder-Platte «Matthias». Wissmann schreibt sie für seinen Neffen. Produziert hat das Album der deutsche Liedermacher Reinhard Mey. Wiesmann ist mit ihm befreundet. «Matthias» erreicht Goldstatus, denn die Lieder des singenden Apothekers finden den Weg in viele Schweizer Kinderzimmer.
Gesungen hat er das Kinderlied auch in der Apotheke. Von einem jungen Fan erkannt, greift er zur Gitarre und stimmt den Tausendfüssler an.
Dank Liebeslied zur Mundart
Anfänglich schreibt Wiesmann seine Lieder auch auf Hochdeutsch. Es sind Songs über die Freundschaft und die Liebe. Doch ein Liebeslied bringt ihn dann zum Umdenken. Denn der Song kommt bei der Person, die er ansprechen will, gar nicht gut an.
Wiesmann erkennt, dass «wenn ich etwas mag und wenn ich etwas gern habe, sage ich da sicher nicht Hochdeutsch.» Und so wird das Liebeslied zum Mundartsong: «Es rägnet i mis Glas voll Wii».
Doch auch der Schaffhauser Dialekt von Dieter Wiesmann kommt nicht immer gut an. Als er als Radiomoderator arbeitet, gibt es Anfeindungen, erzählt Wiesmann 1997 in einem Interview mit dem SRF-Regionaljournal: «Es gab schon Leute, die aggressiv geworden sind.»
Doch als Liedermacher habe er auch das Gegenteil erlebt. Nach Konzerten sei er von Menschen angesprochen worden, die Schaffhauserdeutsch nach eigenen Angaben als «allerletzte Sprache» angesehen hätten – und die dank ihm nun wüssten: «Da ist ja eine poetische Sprache, da ist ja lässig.»
Über 2000 Konzerte spielt Wiesmann. Er macht eine Tournee in einem Eisenbahnwagen, und er veröffentlicht elf Alben. Doch Ende der 1990er-Jahre beschliesst er, mit dem Liedermachen aufzuhören. «Lieber eins zu früh aufhören, als eins zu spät. Ich glaube, es ist schon richtig.»
Am 23. September 2015 stirbt Dieter Wiesmann nach langer Krankheit. Er ist gerade 76 Jahre alt. Doch mit seinem Song «Blos e chliini Stadt» hat sich der Liedermacher aus Schaffhausen selbst ein Denkmal gesetzt.
Für Dieter Wiesmann hatte sein grosser Hit fast eine Art Volkslied-Charakter. Im SRF-Interview 1997 sagt er zu seinem Erfolg: «Lässig, vielleicht überdauert einen das sogar mal.» Heute können wir sagen: Das hat es, auf jeden Fall.