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Stephan Eicher wird 65 Martin Suter: «Ich hoffe, Stephan Eicher wird nie erwachsen»

65! Selbst der nimmermüde Stephan Eicher wird nicht jünger. Aber was heisst schon «Pensionsalter», wenn man sein Leben der Musik verschrieben hat. Martin Suter, der Schweizer Bestseller-Autor hat für den Schweizer Rock-Chansonnier von Weltrang viele Songtexte geschrieben. Wer wüsste also besser zu erzählen, wie der Mann tickt? Martin Suter über Eichers Eigensinn – und die Sache mit den Cervelats.

Martin Suter

Schriftsteller

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Martin Suter (geb. 1948 in Zürich) wuchs in Zürich, Fribourg und Basel auf. Nach seiner Schulzeit machte er eine Ausbildung als Werbetexter und wurde mit 26 Jahren Creative Director einer Basler Werbeagentur. Parallel dazu begann er, Drehbücher und Reportagen für diverse Zeitungen und Magazine zu verfassen. 1991 begann er seine Karriere als Schriftsteller. Bekannt wurde er durch seine Kolumnen wie «Business Class» und «Richtig leben mit Geri Weibel». Der Durchbruch gelang ihm mit dem Roman «Small World».

SRF: Stephan Eicher pflegt zu erzählen, Ihre Freundschaft sei eine Zangengeburt gewesen. Wie war’s wirklich, Martin Suter?

Martin Suter: Ganz so krass war es nicht. Ich habe halt immer gedacht, es wäre schön, einmal etwas für Eicher zu schreiben. Als wir uns dann kennenlernten, fragte er: «Möchtest du nicht einen Songtext für mich schreiben?» Wir hatten offenbar beide mit dem Gedanken gespielt.

Am nächsten Tag kam der Text vertont zurück.

Als wir auseinandergingen, wurde ich krank. Noch in dieser Nacht habe ich «Weiss nid, was es isch» geschrieben und dem Stephan geschickt. Am nächsten Tag kam der Text vertont zurück.

Mann mit Mikrofon singt auf roter Bühne.
Legende: Stephan Eicher: Neid sei völlig fremd – das sagt sein Freund und «Arbeitskollegen» Bestseller-Autor Martin Suter über ihn. KEYSTONE/Urs Flueeler

Wissen Sie nach all den Jahren eigentlich, was es ist, das Sie so für diesen Eicher einnimmt?

Die absolute Abwesenheit von kreativem Neid. Stephan nimmt alles, was er gut findet, bei sich auf und hilft, es weiterzuverbreiten. Das ist selten in der schöpferischen Berufswelt.

Der Zürcher, der für seinen Freund in der «Fremdsprache» Berndeutsch «Versli» schmiedet: Ist das eine der Verbiegungen, die zu jeder echten Männerfreundschaft gehören?

Da hinten liegt ein berndeutsches Wörterbuch, da muss ich manchmal etwas nachschlagen. Es gibt im Berndeutschen einfach andere Wörter für die gleichen Dinge – nur reimen die sich leider nicht. Und für mich müssen sich Lyrics reimen.

Berner sagen falsche Wörter, spottete «Zürischnurre» Suter einmal. Welches falsche Wort beschreibt den Eicher denn richtig gut?

Schatz.

Mit 65 beginnt in der Schweiz das sagenumwobene Pensionsalter. Unter uns, über ihn: Hat ein Eicher möglicherweise Mühe mit dem Aufhören?

Ich hoffe es. Wenn man Berufe hat, die man liebt, ist das Pensioniert-Sein kein Thema. Ich hätte ja vor über zehn Jahren aufhören müssen zu schreiben. Das wäre eine Strafe gewesen.

Ich hoffe, Stephan wird nie erwachsen.

65 zu werden ist dem um ein paar Jährchen älteren Martin Suter wohl ohnehin nur ein müdes Lächeln wert.

Mich beeindrucken nur die zukünftigen Geburtstage. Ich würde auch nie sagen, dass ich nicht alt werde – ich werde sehr wohl alt. Aber es beängstigt mich nicht. Ich weiss schon seit vielen Jahren, dass es einen Tod gibt und das Ende. Damit habe ich mich abgefunden.

Stephan Eicher hat einmal laut gefragt: «Was mache ich nur, wenn ich einmal erwachsen bin?» Ja, was dann?

Ich hoffe, Stephan wird nie erwachsen. Das muss er sich gar nicht erst überlegen. Seltsam ist nur, gleich alt zu sein wie alte Leute. Aber das passiert einem.

Wie klingt es, wenn Sie sich mit Stephan Eicher über die AHV unterhalten? Oder anders gefragt: Wieviel bürgerliche Biederkeit steckt in Stephan Eichers Künstlerseele?

Ich habe nie etwas Biederes in ihm gefunden. Höchstens kulinarisch: Stephan isst ganz gern einen Cervelat. Aber sonst ist er ein durchaus nicht biederer Mensch, sondern ein engagierter, begeisterungsfähiger, ein kreativer und vor allem Liebe verbreitender Mensch.

Was wünschen Sie Stephan Eicher für die nächsten, sagen wir, 65 Jahre?

Wir sind beide in dem Alter, in dem man sich als erstes Gesundheit wünschen soll, bitte. Noch wichtiger ist Liebe. Die soll er weiterhin von allen Menschen bekommen – und allen Sternen.

Das Gespräch führte Stefan Gubser.

Radio SRF 1, 17.8.2025, 7:20 Uhr ; 

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