Nach Harvard, Stanford und der New York University können sich Studierende an der Universität Basel ein Semester lang mit den Texten von Taylor Swift auseinandersetzen, wie die «bz Basel» am Dienstag berichtete . Die zwei Dozierenden am Seminar sind sich einig: Swift ist nicht zu seicht für die Uni.
SRF: Sie bieten im Frühling ein Seminar zu Taylor Swift an. Wie sind Sie darauf gekommen?
Andrew Shields: Meine Familie und ich haben Tickets für Taylor Swifts Konzert in Zürich bekommen. Ich wollte mich gründlich vorbereiten und dachte mir: Daraus liesse sich ein gutes Seminar machen.
Reden wir über den Inhalt des Seminars: Was wird untersucht?
Rachael Moorthy: Wir werden uns jede Woche mit einem Album von ihr beschäftigen und Textanalysen der Lieder machen.
Wir spüren Widerstand, uns zu rechtfertigen, warum wir dieses Seminar machen.
Shields: Die Texte sind nicht flach, obwohl wir das immer wieder von aussen zu hören bekamen. Swift ist eine Storytellerin mit Humor und Scharfsinn. Sie beschäftigt sich mit literarischen Gattungen, etwa Märchen oder Tragödien.
Welche Songs stechen aus literarischer Sicht raus?
Moorthy: Literarische Anspielungen sowie Wortspiele sind in Swifts Werk weit verbreitet. In ihrem Lied «The Lakes» befasst sie sich etwa mit romantischen Dichtern des 19. Jahrhunderts.
In einem ihrer Hits, «Anti-Hero», finden sich Verbindungen zu griechischer Mythologie und Shakespeare. Mit der Zeile «I’m a monster on a hill» spielt sie auf Medusa an – die Sagengestalt mit dem Schlangenkopf. Diese gilt als typische Antiheldin.
CNN schreibt, Swift sei eine Art akademisches trojanisches Pferd: Schreibt man ihren Namen ins Vorlesungsverzeichnis, lockt das viele an, die sich sonst nicht für Themen wie Textanalyse interessieren. Auch in Basel?
Moorthy: Wir spüren einen gewissen Widerstand, uns zu rechtfertigen, warum wir dieses Seminar machen. Wir untersuchen ein literarisches Werk und ziehen Fachliteratur bei, um Songtexte zu analysieren. Ich liebe Nietzsche und Derrida – das heisst aber nicht, dass ich Taylor Swift benutze, um über die beiden zu sprechen.
Taylor Swift beeinflusst so viele Menschen, darum sollten wir ihre Inhalte analysieren.
Swift selbst und ihr Werk sind es wert, analysiert zu werden – unabhängig davon, welche Meinung man dazu hat.
Ist das akademische Interesse an Popkultur ein neues Phänomen?
Shields: Nein, die sogenannten «Cultural Studies», die in den 1980er-Jahren aufgekommen sind, haben es salonfähig gemacht, dass Popkultur untersucht wird. Es wurde rasch klar, dass sich dieser Ansatz lohnt. Ein frühes Beispiel ist etwa Umberto Ecos Analyse von «Superman» und anderen Comics.
Gab es Widerstände im Departement, als sie diesen Kurs vorgeschlagen haben?
Shields: Ich habe bei der Departements-Leitung angefragt und erhielt Unterstützung. Einige Kolleginnen waren überrascht, aber im Departement kam keine Kritik.
Moorthy: Es ist spannend, wie man eine der erfolgreichsten Frauen der Welt sein kann und die Leute trotzdem trivialisieren, was man tut. Wenn etwas, wie die Musik von Taylor Swift, so allgegenwärtig ist und so viele Menschen beeinflusst, dann sollten wir – vor allem auch an einer Universität – diese Inhalte analysieren.
Welche Rückmeldungen haben Sie von den Studierenden erhalten?
Shields: Wir haben jetzt 77 Anmeldungen und müssen wohl auf einen grösseren Vorlesungssaal ausweichen. Das ist aussergewöhnlich. Wichtig ist uns, dass die Studierenden nach dem Seminar einen kritischen Blick auf Swifts Werk werfen können. Kritisch, nicht im Sinne von «Oh, ich mag ihre Musik nicht!», sondern einen analytischen Umgang pflegen.
Das Gespräch führte Mara Schwab.