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Wie entstehen Gravitationswellen?
Aus News-Clip vom 11.02.2016.
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«Gravitationswellen könnten uns näher an den Urknall heranführen»

Gravitationswellen sind Wellen tief aus dem All, die zum Beispiel entstehen, wenn zwei Schwarze Löcher verschmelzen. Schon Albert Einstein hat sie vorhergesagt. Aber erst hundert Jahre später ist es dem amerikanischen LIGO-Team gelungen, sie aufzuspüren – mit riesigen Hightech-Detektoren.

2017 erhielten die Astrophysiker Rainer Weiss, Barry Barish und Kip Thorne dafür den Nobelpreis. Doch die Forschung mit den Detektoren in den USA und in Europa geht weiter. Nach einer anderthalbjährigen Revision gehen die riesigen Anlagen am 1. April wieder auf Empfang. Und die Erwartungen der Wissenschaftler sind gross.

Anita Vonmont

Anita Vonmont

Wissenschaftsredaktorin SRF

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Anita Vonmont ist Wissenschaftsredaktorin bei Radio SRF.

SRF: Wie oft hat man Gravitationswellen bisher messen können?

Anita Vonmont: Elfmal haben die zwei LIGO-Detektoren (LIGO steht für «Laser-Interferometer Gravitationswellen-Observatorium») in den USA und zum Teil der Virgo-Detektor in Italien solche Wellen gemessen. Sie haben so Objekte im All nachgewiesen, die nicht leuchten und in den bisherigen Teleskopen daher unsichtbar waren. Das waren vor allem schwarze Löcher und einmal auch Neutronensterne.

Was sind Gravitationswellen?

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Gravitationswellen entstehen insbesondere, wenn grosse Objekte wie Sterne beschleunigt werden und so den Raum stauchen und strecken. Sie breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit aus und verbiegen dabei den Raum – ähnlich wie ein ins Wasser geworfener Stein, der sich ausbreitende Wellen auf der Wasseroberfläche erzeugt.

Wie funktionieren diese Gravitationswellendetektoren?

Auffällig sind ihre kilometerlangen tunnelartigen Arme, in denen Laserlicht hin und hergeht. Wenn eine Gravitationswelle aus dem All kommt, staucht und streckt sie den Tunnel ganz minim. Das Laserlicht produziert dann andere Signale als normalerweise. Diese anderen Signale variieren etwas, je nachdem wie gross oder von welcher Art eine Kollision im All war.

Audio
Anita Vonmont über die neue Suche nach Gravitationswellen
aus Wissenschaftsmagazin vom 30.03.2019. Bild: zvg
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Diese Detektoren wurden jetzt weiter optimiert. Was erhoffen sich die Forscher in den kommenden Monaten?

Sie wollen nicht mehr nur elf dunkle Objekte oder Ereignisse in drei Jahren beobachten, sondern hoffen auf eines jede Woche. Die Detektoren sind nun auch sensibler für Gravitationswellen, die von kollidierenden Neutronensternen kommen.

Künftig soll es auch möglich sein, das Innere von Neutronensternen zu erkunden. Wir werden mehr erfahren über Neutronensterne oder wohl auch über ganz unbekannte dunkle Objekte.

Das scheint ein riesiger Umbruch zu sein in der Erforschung des Weltraums?

Durchaus. Es sind weit über tausend Forschende aus aller Welt beteiligt an den beiden Forschungsprojekten. Und neue Anlagen kommen hinzu: in den nächsten Monaten ein japanischer Detektor (KAGRA), voraussichtlich in ein paar Jahren einer in Indien. So könnten in ein paar Jahren sogar täglich neue schwarze Löcher gefunden werden.

Wird das unsere Sicht aufs Universum total verändern?

Wir werden viel mehr wissen über die dunklen Körper im All und was mit ihnen zusammenhängt. Es wird uns vermutlich auch mehr bewusst werden, dass das Universum nicht nur faszinierend schön ist mit seinen Nebeln und funkelnden Sternen. Sondern dass es auch ein Ort von unvorstellbarer Gewalt ist.

Nicht zuletzt erhofft man sich auch, mehr zu erfahren über die Anfänge des Universums. Bis jetzt kann man diese Entwicklung erst etwa seit 400’000 Jahren nach dem Urknall rekonstruieren.

Denn das Licht der Sterne kann das heisse dichte Gas, wie man es sich in der frühesten Zeit vorstellt, nicht durchdringen. Gravitationswellen hingegen können das und sollten uns so in den nächsten Jahren und Jahrzehnten näher an den Urknall heranführen.

Das Gespräch führte Christian von Burg.

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