Die Politik im Aargau ist beunruhigt. Zur Umsetzung des neuen Kinder- und Erwachsenenschutzrechtes hat man die Familiengerichte geschaffen und dafür 70 neue Stellen geschaffen.
Das ging im Grossen Rat nicht ohne Zähneknirschen über die Bühne, denn die Kosten für diese Gerichte sind hoch. Und nun die Nachricht, dass die Gerichte, die erst seit Anfang 2013 arbeiten, schon überlastet sind.
Die Fälle stauen sich
«Zur Zeit besteht ein gewisser Stau bei den Familiengerichten», sagt Herbert Scholl, Präsident der grossrätlichen Justizkommission. Diesen Stau erleben Notare und Anwälte im Aargau ganz konkret. Viele Fälle bleiben liegen. Damit es vorwärts geht, sind manchmal Telefonate an die Familiengerichte nötig.
Die Familiengerichte haben von den bisher zuständigen Stellen, den Gemeinden, das Vormundschaftswesen übernommen. Diese Fälle waren ziemlich genau abschätzbar. Doch mit dem neuen Kinder- und Erwachsenenschutzrecht sind die Gerichte auch mit vielen neuen Fällen konfrontiert.
Es geht zum Beispiel um Gefährdensmeldungen für Kinder und Erwachsene, um Beistandsschaften für hilfsbedürftige Personen und um die Hinterlegung von Vorsorgeaufträgen.
Software läuft zu langsam
Nicole Payllier, Leiterin Kommunikation der Aargauer Gerichte: «Das ist die Zahl, die man nicht abschätzen konnte und das macht die grosse Arbeitsbelastung aus. Vorsichtig geschätzt, haben wir zweimal mehr neue Fälle, als wir erwartet haben.»
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gerichte setzen zwar alles daran, den Pendenzenberg abzubauen. So schnell, wie sie möchten, können sie aber manchmal nicht arbeiten, denn die zentrale Software in den Familiengerichten hat Probleme mit der Leistung.
«Das hat zur Folge, dass die Aufarbeitung der Daten länger geht, als man sich das gewöhnt ist», kommentiert Nicole Payllier. Sie geht davon aus, dass es sich bei den Problemen mit der Software um Anlaufschwierigkeiten handelt.
Sie hofft auch, dass man mit der Zeit Arbeitslast besser in den Griff bekommt. Zu berücksichtigen ist, dass die Familiengerichte neu sind, viele Abläufe sind noch nicht ganz eingespielt. Zudem haben sie mit neuen Gesetzen zu tun und müssen sich zuerst Erfahrung aneignen.
Und ein Badener Notar äussert gegenüber dem Regionaljournal Aargau Solothurn die Vermutung, dass die Gemeinden in den Monaten vor dem Start der Familiengerichte gewisse Fälle einfach liegen liessen. Diese landeten dann bei den neuen Gerichten und verursachten jetzt die grosse Fallzahl.
Mehr Stellen gibt es wohl nicht
Die Aargauer Politik wartet jetzt auf den jährlichen Rechenschaftsbericht der Jusitzleitung. Dann wird man entscheiden, wie es bei den Familiengerichten weitergeht. Die Stellendotation könnte durchaus ein Thema werden.
Bis jetzt hört man zwar den Ruf nach mehr Stellen nicht, sollte er aber ertönen, wäre es politisch ein sehr heikles Thema. Der Aargau konnte 2012 einen Verlust in der Kantonskasse nur knapp vermeiden. In diesem wirtschaftlich schwierigen Umfeld neue Stellen zu schaffen das ist wohl ein schweres Unterfangen.