Nach ziemlich genau vier Jahren ist wieder Schluss mit Parteipräsident: Philipp Müller gibt das Amt des nationalen FDP-Chefs ab und widmet sich künftig politisch (fast) nur noch dem Ständerat, in den er im vergangenen Herbst gewählt wurde. In diesen vier Jahren wandelte er sich vom Boten des drohenden Unterganges zum Mann des neuen Erfolgs.
Vom Saulus zum Paulus
Als Müller das FDP-Präsidium 2012 von Fulvio Pelli übernahm, war das freisinnige Establishment erstaunt, wenn nicht bestürzt. Ein Arbeiter, ein Gipser aus dem Aargauer Dorf Reinach und kein Akademiker aus der Wirtschaftswelt solle die Liberalen anführen, das hielten viele für fast unmöglich. Müller selber sagt gegenüber SRF: «Einige waren schockiert.» Man prophezeite das Scheitern und den Niedergang des ehemals staatstragenden Schweizer Freisinns – weit gefehlt.
Unter seiner Führung gelang es der FDP nach Jahrzehnten des Verlustes den Wähleranteil wieder zu steigern. Sowohl bei diversen kantonalen Wahlen, als auch bei den nationalen Parlamentswahlen schaffte die FDP den Turnaround und stoppte den Niedergang.
Bei Amtsantritt als Sololäufer und Einzelgänger bezeichnet, begründet Müller den Erfolg seiner Partei in den letzten Jahren mit dem guten Teamwork: «Der Erfolg hat viele Väter und Mütter, der Präsident alleine kann es nicht richten. Es braucht die vielen Mitglieder, Kantonal- und Gemeindesektionen.»
Vom Brandstifter zum Feuerwehrmann?
Teile seiner FDP aber vor allem die Linke sah mit Philipp Müller stets den definitven Rutsch der FDP nach rechts. Schon Müllers Vorgänger Fulvio Pelli positionierte den Freisinn klar rechts der Mitte, Müller setzte das fort und sorgte mit pointierten und kritischen Aussagen zur Migrationspolitik für Aufsehen. Ausserdem näherte er die Liberalen in vielen Punkten inhaltlich der SVP an. «Auf eidgenössischer Ebene haben FDP und SVP auch viele Gemeinsamkeiten», erläutert Müller im Gespräch.
Er habe eigentlich nur angefangen bei der Basis den Puls zu fühlen, sagt Müller. Dabei habe sich gezeigt, dass dort die Meinung zu Migration deutlich kritischer ist, als das die Parteispitze angenommen hatte. «Ich habe dann meine Vorschläge zur Migrationspolitik präsentiert und die FDP hat das angenommen.»
Dass er später auch als sehr engagierter Kämpfer gegen die Ausländer-Initiativen der SVP auffiel und sich Mühe gab, die FDP von der SVP abzugrenzen, dass er also erst Themen lancierte und anheizte um die entflammte Diskussion dann wieder zu dämpfen, das empfindet er nicht als Widerspruch: «Es kommt ja auf die Lösungsvorschläge an, nicht auf die Benennung des Problems.»
Vom Präsident zum Ständerat
Nun muss Müller die Rollen wechseln: Vom Parteipräsidenten zum Ständerat, vom Vertreter seiner Parteilinie zum Vertreter aller Aargauerinnen und Aargauer. «Das ist kein Problem», meint Müller, «im Ständerat bin ich Aargauer, draussen Partei-Vertreter.»
Auch die Zusammenarbeit mit seiner Ständeratskollegin Pascale Bruderer von der SP sieht Müller auf gutem Weg. Er kenne sie schon lange und sie würden den Aargau mit starker Stimme vertreten. Inhaltlich gebe es natürlich einige Differenzen. Es gehe im Ständerat ja nicht nur um den Aargau, sondern häufig um nationale Themen, «aber wenn etwas den Aargau stark betrifft, dann koordinieren wir unser Engagement natürlich.»