Anders als vor vier Jahren haben die Bürgerlichen der Stadt Bern, also die SVP und die FDP, sich auf eine gemeinsame Liste einigen können. Das ist wichtig, denn weil sie vor vier Jahren getrennt angetreten sind, haben sie ihren einzigen Sitz verloren. Seitdem hat das rot-grüne Lager vier Sitze in der Berner Stadtregierung, die Mitte-Parteien mit CVP-Mann Reto Nause einen. Die Bürgerlichen sind seitdem nicht mehr im Berner Gemeinderat vertreten.
Sie haben daraus gelernt und stellen nun drei gemeinsame Kandidaten – das ist deshalb so wegweisend, weil die Stadtregierung nach dem Proporzwahlsystem gewählt wird. Das bedeutet: Grosse Bündnisse werden bevorzugt. Auch die Auszählungsart und der Modus der Sitzverteilung begünstigt Parteizusammenschlüsse. Die Bürgerlichen hoffen nun zu Recht, ihren Sitz wieder zurückzuerobern – auf Kosten der Linken. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Keine grosse Änderung
Dass die Regierung nach den Wahlen vom 29. November wieder so zusammengesetzt ist, wie vor vier Jahren – also drei Vertreter von Rot-Grün (RGM), je ein Vertreter der Mitte und der Bürgerlichen – ist alles andere als gewiss. Dass das starke rot-grüne Lager mit SP, dem Grünen Bündnis und der Grünen Freien Liste seine vier Sitze halten kann, ist gut möglich.
Denn: die links-grüne Politik kommt in Bern an, sie ist auf das urbane Stimmvolk zugeschnitten. Bern tickt auch sonst links: Das sieht man bei eidgenössischen Wahlen ebenso wie bei nationalen Abstimmungen. Ende November kommen zudem zwei Vorlagen zur Abstimmung, welche das linke Stimmvolk voraussichtlich stark mobilisieren wird.
Spannend ist jedoch die Frage, an wen bei diesem Szenario der fünfte Sitz gehen wird. Für die Bürgerlichen spricht das nun eingegangene Bündnis und die Tatsache, dass sie auf rund 20 Prozent Wähleranteile kommen. Für die Mitteparteien spricht, dass sie mit einem Bisherigen antreten. Und sie dürfen auch auf die Bündnispartnerin GLP hoffen, die derzeit im Aufwind ist.
Nach wie vor links
Was bedeutet das alles für die künftige Politik? Festzuhalten ist: Auch wenn die Bürgerlichen im Gemeinderat wieder einen Sitz erhalten und die Mitteparteien ihren Sitz behalten könnten – politisch werden FDP und SVP in der Berner Stadtpolitik so oder so auch künftig eine kleine Rolle spielen. Im Stadtparlament hat das rot-grüne Lager ebenfalls das Sagen, heute wie wohl auch nach den Wahlen.
Die Bürgerlichen hoffen deshalb auf Stadtpräsident Alec von Graffenried, der zwar zur Grünen Freien Liste gehört, in wirtschaftlichen Fragen aber eher eine liberale Linie vertritt. Die Bürgerlichen möchten mit ihm in der Stadtregierung Allianzen schmieden. Doch mehr als ein Hoffnungsschimmer ist das nicht. Bern ist eine Hochburg der Linken. Das können die Bürgerlichen auch am 29. November nicht ändern.