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Abstimmung Stadt Genf Initiative will kommerzielle Plakatwerbung in Genf verbieten

Eine werbefreie Stadt – ein Novum in der Schweiz. Dies könnte in Genf bald der Fall sein. Abgestimmt wird am 12. März 2023.

Soll kommerzielle Werbung aus dem öffentlichen Raum verbannt werden? Nach sechs Jahren Debatte entscheiden die Genferinnen und Genfer am 12. März 2023 über diese Frage. Kultur-, Sport- und Bildungsplakate wären weiterhin erlaubt, ebenso wie Sponsoring. Nur kommerzielle Plakate würden aus dem öffentlichen Raum verschwinden.

Die Befürworter sehen darin eine Befreiung der Strassen. Die Gegner rufen Zensur und Verbot.

Kommerzielle Werbung verleitet uns zu Konsum, der nicht nötig ist.
Autor: Olivia Bessat-Gardet Gemeinderätin SP/Genf

Die Linken sowie einige Bürgerbewegungen, welche die Initiative «Zéro pub» (null Werbung) lancierten, haben den exzessiven Konsum im Blick. Es gehe darum, den ständigen Aufforderungen, die zu übermässigem Konsum führten und die Strassen verschmutzten, Einhalt zu gebieten.

Die Genfer SP-Gemeinderätin Olivia Bessat-Gardet ist überzeugt: «Kommerzielle Werbung verleitet uns zu Konsum, der nicht nötig ist. Das schafft Bedürfnisse.»

Die Initiative ist schädlich. Sie bringt Zensur und Verbote.
Autor: Alain Miserez Gemeinderat die Mitte/Genf

Die Rechte sowie Wirtschaftskreise sehen in der Initiative einen Eingriff in die Autonomie der Konsumentinnen und Konsumenten. «Die Initiative ist schädlich. Sie bringt Zensur und Verbote. Das ist nicht demokratisch», sagt Mitte-Gemeinderat Alain Miserez.

Ausserdem argumentieren die Gegner, dass die Stadt rund vier Millionen an Einnahmen verliere, sollte die Initiative angenommen werden.

Plakatwand in Genf
Legende: Die Genfer Stadtbevölkerung stimmt darüber ab, ob auf öffentlichen Plätzen kommerzielle Plakatwerbung verboten werden soll. Keystone / MARTIAL TREZZINI

Die Idee einer werbefreien Stadt ist 2017 entstanden. Aufgrund eines Konzessionswechsels in Genf blieben die Werbeplakate drei Wochen werbefrei. Die Bevölkerung nutzte die Gelegenheit und bemalte die weissen Flächen. Daraufhin haben die linken Parteien eine Initiative lanciert, die im Stadtparlament eine Mehrheit fand. Dagegen wurde das Referendum ergriffen, weshalb nun das Volk entscheidet.

Eine Person geht an einer werbefreien Plakatwand vorbei.
Legende: Im Januar 2017 waren die Plakatwände in Genf weiss. Einige Genfer und Genferinnen malten daraufhin Zeichnungen auf leere Plakate. Keystone / SALVATORE DI NOLFI

Kulturstreit entbrannt

Von der Vorlage betroffen sind sämtliche öffentlichen Plätze, nicht aber die privaten, und genau darin sieht Felix Murbach die Krux. Der selbständige Marketingfachmann befürchtet eine Verwilderung in der Stadt Genf. Sollte die Initiative durchkommen, könnten private Anbieter Parkhäuser, Unternehmen oder Gebäudefassaden für Plakatwerbung zur Verfügung stellen.

Ausserdem glaubt Murbach nicht, dass der Konsum mit weniger Plakatwerbung zurückgehen wird. Der Werbedruck in der Schweiz sei hoch, weshalb der Marketingexperte von einer Umverteilung der Werbegelder in diverse digitalen Kanäle ausgeht.

In Genf ist ein Kulturstreit im Gange, wie es ihn in der Art in der Schweiz noch nicht gegeben hat. Sollte die Initiative am 12. März angenommen werden, könnte dies Signalwirkung auf andere Städte haben.

Echo, 19.02.2023, 18:00 Uhr

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