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Abstimmung Steuervorlage 17 Sollen die Steuern für Unternehmen im Kanton Zürich sinken?

Wie soll der Kanton Zürich die Unternehmenssteuerreform umsetzen? SVP-Finanzdirektor Ernst Stocker und SP-Co-Präsidentin Priska Seiler Graf kreuzen die Klingen.

Darum gehts: Mit der «Steuervorlage 17» stimmen die Zürcherinnen und Zürcher am 1. September darüber ab, wie der Kanton die Unternehmenssteuerreform umsetzen will. Dies, nachdem im Frühling auf nationaler Ebene die Unternehmenssteuerreform vom Stimmvolk angenommen wurde. Grundsätzlich sollen Unternehmen im Kanton Zürich in Zukunft weniger Steuern bezahlen.

So argumentieren die Befürworter: Eine Steuersenkung sei nötig, sonst bestehe die Gefahr, dass Unternehmen in andere Kantone oder ins Ausland abwanderten, argumentieren die Zürcher Regierung, bürgerliche Parteien, aber auch die linken Finanzvorstände von Zürich und Winterthur.

So argumentieren die Gegner: Linke Parteien kritisieren hingegen, dass die Vorlage keinen sozialen Ausgleich beinhalte, zum Beispiel höhere Kinderzulagen. Ausserdem reisse die Steuersenkung ein grosses Loch in die Kassen von Kanton und Gemeinden.

Das Streitgespräch: Wer hat Recht? Und wie begründen die beiden Lager ihre unterschiedlichen Standpunkte? Im «Regionaljournal Zürich Schaffhausen» diskutieren der SVP-Finanzdirektor des Kantons Zürich, Ernst Stocker, und die SP-Co-Präsidentin und Stadtpräsidentin von Kloten, Priska Seiler Graf.

SRF: Priska Seiler Graf, welche Auswirkungen hätte die Steuervorlage für Kloten?

Priska Seiler Graf: Für Kloten wären die Auswirkungen ziemlich extrem. Kloten hat eine ganz spezielle Steuerstruktur und steht nicht als Beispiel für alle anderen Gemeinden. Was aber für alle Gemeinden gilt: Wenn der Kanton weniger Steuereinnahmen generiert, spüren das auch die Gemeinden. Sie können dann nicht mehr viel machen als sparen, oder sie müssen mit dem Steuerfuss rauf.

Den Letzten beissen die Hunde, und das sind die Gemeinden.
Autor: Priska Seiler Graf Stadträtin von Kloten und Co-Präsidentin SP

Die Jahresrechnung von Kloten hat 2018 mit einem Plus von 24,5 Millionen Franken abgeschlossen. Zum fünften Mal hintereinander ein Rekord. Nun rechnet man mit einem Steuerausfall von 1,5 - 2 Millionen Franken. Kann Kloten das nicht verkraften?

Priska Seiler Graf: Wir haben eine sehr unbeständige Struktur. Geht es dem Flughafen gut, geht es uns auch gut. Wir haben auch schon das Grounding erlebt, wir sind deshalb sehr vorsichtig bei den Ausgaben. Wir können uns nicht zurücklehnen und sagen, ‹wir verkraften das schon irgendwie›.

Auf nationaler Ebene scheiterte die erste Vorlage, gerade wegen der Städte und Gemeinden, Ernst Stocker. Was hat sich nun für die Gemeinden verbessert?

Ernst Stocker: Ich sehe es aus der Warte des Kantons Zürich. Ich sitze quasi am Steuer des ‹Tankers› Kanton Zürich und ich will, wenn das Wetter in vier Monaten ändert, dass der Tanker Kanton Zürich mit einer kleinen Kurskorrektur weiterhin sicher fahren kann. Die Leute, die auf diesem ‹Tanker› zuhause sind, sollen sich weiterhin gut fühlen. Wir werden vielleicht ein wenig nass, aber nicht krank. Und das ist ganz zentral. Zürich soll ein starker Wirtschaftskanton bleiben. Und das bleibt er mit dieser Vorlage.

Aber nochmals: Was hat sich gegenüber der ersten Vorlage für die Städte und Gemeinden konkret verbessert?

Ernst Stocker: Die Vorlage wurde mit den Städten und Gemeinden ausgebarbeitet und auch mit den anderen Verantwortlichen auf dem ‹Tanker›. Zum Beispiel mit den Finanzvorständen von Zürich und Winterthur. Gerade Winterthur war sehr kritisch gegenüber der Vorlage des Bundes. Beide haben der Vorlage des Kantons zugestimmt. Sie unterstützen sie offen, denn sie wissen auch, dass der Kanton Zürich nicht einfach Nichts machen kann.

Man hat auf Bundesebene A gesagt, jetzt gilt es auf Kantonsebene B zu sagen.
Autor: Ernst Stocker (SVP) Finanzdirektor Kanton Zürich

Und es fliesst Geld vom Kanton zu den Gemeinden?

Ernst Stocker: Der Kanton Zürich erhält nächstes Jahr rund 200 Millionen Franken vom Bund. In der Vorlage, über die am 1. September abgestimmt wird, ist vorgesehen, dass diese 200 Millionen an die Städte und Gemeinden weitergegeben wird. Wird die Vorlage abgelehnt, muss ich die 200 Millionen Franken selber behalten und das möchte ich nicht.

Das klingt doch eigentlich gut, Priska Seiler Graf?

Priska Seiler Graf: Es ist zweifelsohne ein ‹Zückerchen› gegenüber der ersten Vorlage des Bundes. Aber ich denke, es reicht nicht. Der Kanton Zürich wird jedes Instrument, das er neu einsetzen kann und das neue Möglichkeiten von Steuerprivilegien schafft, im Maximum ausnützen. Wir wissen nicht genau, wie hoch die Steuerausfälle sein werden. Ein sozialer Ausgleich fehlt. Ich weiss, die 200 Millionen klingen gut, es ist auch eine Übergangsfinanzierung angedacht für die Gemeinden, das ist richtig und gut. Aber in vier Jahren wird man im Kanton Zürich genau dort sein, wo es ‹einschenkt›, mit Mindereinnahmen. Sie werden sich manifestieren. Dann wird der Kanton tun, was er immer tut: Er wird es auf die Gemeinden abwälzen.

Das Gespräch führte Margrith Meier. Sie finden es in voller Länge im Audiofile.

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