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SRG-Abstimmungsumfrage Transplantationsgesetz: Stabile Mehrheit für Widerspruchslösung

  • Drei Wochen vor der Abstimmung hätten sich gut drei Fünftel der befragten Stimmberechtigten für die Änderung des Transplantationsgesetzes ausgesprochen.
  • Dies ist das Ergebnis der 2. Umfrage im Auftrag der SRG SSR zur Vorlage vom 15. Mai 2022.
  • SVP-Anhängerinnen und -Anhänger lehnen die sogenannte erweiterte Widerspruchslösung bei der Organspende aber mehrheitlich ab.

Die Befürworterinnen und Befürworter des Transplantationsgesetzes geniessen weiterhin einen klaren Vorsprung: Wäre am 24. April über die Vorlage abgestimmt worden, hätte diese den Segen von 61 Prozent der Teilnahmewilligen erhalten. Dies zeigt die 2. SRG-Umfrage vom Forschungsinstitut GFS Bern.

37 Prozent der Befragten lehnen den Strategiewechsel bei der Organspende ab. Am 18. März bei der 1. SRG-Umfrage waren es 34 Prozent.

Nein-Trend bei SVP hat sich verstärkt

Auffällig bleibt die parteipolitische Polarisierung: Vom linken Lager bis hin zur FDP ist die Zustimmung laut den Autoren «auf hohem Niveau» stabil. Verstärkt hat sich dagegen der Nein-Trend bei SVP-affinen Befragten: Bei der 1. SRG-Umfrage wollten 55 Prozent der Teilnehmenden die Vorlage eher oder bestimmt bachab schicken, nun sind es 9 Prozentpunkte mehr.

Neben Befragten aus SVP-Kreisen lehnen einzig Umfrage-Teilnehmende, die der Regierung misstrauen, das Transplantationsgesetz mehrheitlich ab. Auch hier hat die Ablehnung zugenommen: Bei der 1. SRG-Umfrage sprachen sich 50 Prozent dieser Befragten gegen die Vorlage aus. Bei der aktuellen Erhebung sind es 60 Prozent.

Laut Lukas Golder, dem Co-Leiter von GFS Bern, gibt es in allen analysierten Gruppen Bedenken. «Aber es ist nicht so, dass man mit diesem Nein die breite Mehrheit erreichen konnte. Denn die Mehrheit ist überzeugt, dass es grundsätzlich mehr Organe braucht.»

Kritischer als der Durchschnitt zeigen sich laut den Autoren von GFS Bern unter anderem ältere Befragte, solche mit tieferem Bildungsniveau oder Umfrage-Teilnehmende aus Haushalten mit mittleren Einkommen. «Aber auch in diesen Gruppen ist die Zustimmung zum Transplantationsgesetz mehrheitlich gegeben», heisst es im Bericht.

Einbezug der Angehörigen schwächt Opposition

Nimmt man die Argumente beider Seiten genauer unter die Lupe, so lässt sich gemäss Golder «eine spannende ethische Debatte» beobachten. Eine klare Mehrheit der Befragten teile die Meinung, dass der Staat bei der Organspende eine Rolle spielen soll. «Die geplante Widerspruchslösung mit dem Einbezug der Angehörigen schwächt die Opposition ab», sagt der Politikwissenschaftler.

Bei dieser Vorlage habe man die Bedenken der Kritikerinnen und Kritiker früh ernst genommen, sagt Golder. Ein wichtiger Punkt des Gegenvorschlags sei, dass die Angehörigen das letzte Wort hätten. «Die Grundkritik, dass man möglicherweise gegen den eigenen Willen entnommene Organe erhält, wird dadurch etwas abgedämpft.»

Indirekter Gegenvorschlag zu Volksinitiative

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Mitglieder des Komitees zur Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten» reichen 145'000 Unterschriften ein.
Legende: Mitglieder des Komitees zur Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten» reichen am 22. März 2019 rund 145'000 Unterschriften ein. Keystone

Bei der Änderung des Transplantationsgesetzes handelt es sich um einen indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten». Diese verlangt zwar ebenfalls die Einführung der Widerspruchslösung, regelt aber die Rolle der Angehörigen nicht.

Das Volksbegehren wurde vom Initiativkomitee zurückgezogen – unter der Bedingung, dass der Gegenvorschlag in Kraft tritt. Gegen diesen ist das Referendum zustande gekommen. Deshalb wird nun über die Änderung des Transplantationsgesetzes
abgestimmt.

Gibt es an der Urne ein Ja, ist die Volksinitiative definitiv zurückgezogen. Wird das geänderte Transplantationsgesetz hingegen abgelehnt, so gelangt die Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten» zur Abstimmung. Es sei denn, das Initiativkomitee zieht sie endgültig zurück.

Annahme der Vorlage am «plausibelsten»

Für die Verantwortlichen von GFS Bern ist die Annahme des Transplantationsgesetzes derzeit «das plausibelste Szenario». Gleichwohl gelte es festzuhalten: Das Argument mit der höchsten Schlagkraft in Bezug auf die Stimmabsicht kommt aus dem gegnerischen Lager. Dieses besagt: Es sei problematisch, einer Person Organe zu entnehmen, ohne dass diese vorher explizit zugestimmt habe. 

Am stärksten zu einem Ja trägt auf Platz zwei folgende Haltung bei: Die erweiterte Widerspruchslösung entlaste nahe Angehörige, weil diese im Todesfall nicht für die verstorbene Person entscheiden müssen.

Datenerhebung und Stichprobengrösse

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Die Umfrage ist im Auftrag der SRG SSR vom Forschungsinstitut GFS Bern zwischen dem 20. und 27. April 2022 durchgeführt worden. Der mittlere Befragungstag war der 24. April 2022. Insgesamt wurden die Antworten von 6315 Stimmberechtigten für die Auswertung berücksichtigt.

Telefonisch befragt wurden 1205 stimmberechtigte Personen mit Wohnsitz in der Schweiz. Die Interviews wurden per Festnetz und Handy durchgeführt.

Diese Stichprobe ist sprachregional gewichtet und repräsentativ für die Schweizer Stimmberechtigten. Der statistische Fehler beträgt ± 2.8 Prozentpunkte. Bei 1205 Befragten und einem Ergebnis von 50 Prozent liegt der effektive Wert mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit zwischen 47.2 und 52.8 Prozent. Dabei sind kleinere Abweichungen wahrscheinlicher, grössere unwahrscheinlicher.

Online-Befragung

Zusätzlich wurden mehrere Tausend Personen online befragt. Nach der Bereinigung und Kontrolle der Daten konnten die Angaben von 5110 Stimmberechtigten für die Auswertung verwendet werden. Die Online-Befragung wurde über die Webportale der SRG-Medien realisiert als sogenanntes Opt-in (Mitmachbefragung).

Diese Online-Stichprobenzusammenstellung erfolgte nicht zufällig und die resultierende Stichprobe ist nicht repräsentativ. Es haben beispielsweise weniger ältere Personen als jüngere an der Online-Umfrage teilgenommen und mehr Männer als Frauen.

Deshalb hat das Institut gfs.bern die Antworten gewichtet: Den Verzerrungen in der Stichprobe wurde mittels statistischer Gewichtungsverfahren entgegengewirkt und so die Repräsentativität optimiert.

Die Aufteilung der Befragten insgesamt auf die Sprachregionen ist wie folgt: 4316 in der Deutschschweiz, 1611 in der Romandie und 388 in der italienischsprachigen Schweiz.

Wie wird gefragt?

Die befragten Stimmberechtigten hatten jeweils fünf Antwortmöglichkeiten zur Verfügung: «bestimmt dafür», «eher dafür», «weiss nicht/keine Antwort», «bestimmt dagegen» und «eher dagegen».

Für eine vereinfachte Darstellung im Artikel wurden in den meisten Fällen die Antworten «bestimmt dafür» und «eher dafür» zusammengezählt – entsprechend wurde auch mit den Antworten «bestimmt dagegen» und «eher dagegen» verfahren.

Konkret wurde etwa gefragt: «Ganz unabhängig davon, wie sicher Sie sind, dass Sie an dieser Volksabstimmung teilnehmen werden: Wenn morgen schon über die Vorlage abgestimmt würde, wären Sie dann bestimmt dafür, eher dafür, eher dagegen oder bestimmt dagegen?»

Umfragen sind Momentaufnahmen

Das Forschungsinstitut gfs.bern führte zwei Umfragen zur Abstimmung vom 15. Mai 2022 durch. Die Autoren der Studie betonen, die Ergebnisse seien kein vorweg genommenes Abstimmungsergebnis, sondern eine Momentaufnahme zur Zeit der Befragung. Allerdings sind bei zwei Befragungen Aussagen über Trends möglich.

Detaillierte Informationen zur Befragungsart und den Interpretationen der Ergebnisse finden Sie auf der Website des Instituts gfs.bern .

Abstimmungsdossier

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Legende: SRF

News und Hintergrund zu den Abstimmungen vom 15. Mai 2022.

SRF 4 News, 04.05.2022, 06:00 Uhr

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